Das Leben mit dem Körper entdecken

Körperwahrnehmung

Hallo zusammen, ich bin Darya und heute Gast in dem Blog von Dami.

Ich möchte über meine Erlebnisse in der Prozessgruppe und vor allem mit der Körperwahrnehmung schreiben.
Hier möchte ich meine Erfahrungen, die ich während der letzten Monate gesammelt habe, mit euch teilen.

Warum ich das mache?

Als ich mich auf den Weg gemacht habe, war das Thema Körperwahrnehmung nicht greifbar für mich. Obwohl ich genug theoretischen Input dazu bekommen habe.

Ich konnte mir nicht vorstellen, wie ich dieses Wissen in mein Leben integrieren kann.
Und das Wichtigste, ich hatte keine Vorstellung davon, wie es sich anfühlen wird, auch in den unterschiedlichen Phasen des Übens.

Der Ausdruck „Ich spüre mich jetzt (mehr).“, war für mich zu abstrakt und ich wollte wissen: „Was heißt es für mich genau?“.

Ich war neugierig und ging in den Austausch mit anderen aus meiner Prozessgruppe. Das war sehr spannend für mich. Deswegen möchte ich über meine persönlichen Erfahrungen mit den Übungen schreiben. Vielleicht ist es auch für andere interessant.

Das hier sind meine persönlichen Erfahrungen, jeder macht dabei seine eigenen, ganz individuellen, auch wenn es Parallelen geben kann.

Es gibt viele Möglichkeiten beim Erspüren des eigenen Körpers.

Meine ersten Schritte

Ich saß an meinem ersten Wochenende in der Prozessgruppe und wir haben zu zweit eine Übung zur Körperwahrnehmung gemacht.
Immer wieder kam die Frage: „Und was spürst du jetzt in deinem Körper?“. Wir machten das 10 oder 20 Minuten lang. Das weiß ich nicht mehr genau. Es kam mir auf jeden Fall lange vor.

Ich habe gedacht: „Was soll mir das bringen?“.
Ich kann doch ganz gut spüren, was in meinem Körper passiert! Zum Beispiel, dass sich etwas im Bauch zusammenzieht oder mir heiß wird, wenn ich angespannt bin.
Da habe ich doch kein Problem!

Zum anderen habe ich mich gefragt, wie es mir bei meinen Problemen helfen soll, meine Füße zu spüren oder die Rückenlehne. Das klang für mich absurd.
„Aber na gut!“, habe ich gedacht, „Ich habe Dami`s Methode entdeckt und mich in ganz vielen Sachen wiedergefunden. Also wenn das jetzt sein muss, okay, ich werde es ausprobieren.“.

Den Körper wieder fühlen

Ungefähr nach dem zweiten Wochenende habe ich mir fest vorgenommen, die Übungen, die die Basics in der Körperwahrnehmung sind, zu machen.
Das sind:

  • Füße auf dem Boden spüren,
  • tiefes Atmen und
  • sich orientieren (das bedeutet, dass man sich in der Umgebung umschaut, wo man ist, und sich die Sachen genau anguckt).

Ich habe damit angefangen, dass ich bei jedem Spaziergang mit meinem Hund die Übungen gemacht habe.
Ich habe auch versucht, möglichst präsent zu sein und mir die Umgebung genau anzusehen (die Bäume, Äste, Blätter usw.).

Vieles hat sich irgendwann für einen kurzen Moment real angefühlt. Der Baum da ist real und er hat Substanz. Das gab mir eine andere Qualität in meinen Empfindungen.
Irgendwann habe ich kurz die Bäume an der Straße angeschaut und hatte das Gefühl, als ob ich sie das erste Mal richtig gesehen habe. Es hat sich viel intensiver und dadurch lebendiger angefühlt. Das matte und neblige Gefühl war weg.

Dieser Moment hat leider nicht lange angedauert. Aber ich habe angefangen, immer wieder solche Momente zu haben. Das hat mich jedes Mal aufs Neue motiviert am Ball zu bleiben.

Magic Moments

Nach einigen Wochen des Übens bin ich durch meine Wohnung gelaufen und habe versucht, meine Füße auf dem Boden zu spüren und dabei den Unterschied zwischen dem Steinboden und dem Teppich zu fühlen.
Irgendwann bin ich stehengeblieben und habe probiert, meinen Körper als Ganzes in meinem Bewusstsein wahrzunehmen, von dort aus zu schauen und nicht aus dem Kopf heraus.
Und dann.. hatte ich das Gefühl, dass ich die Wohnung zum ersten Mal richtig sehen würde. Als ob ich aufgewacht bin.

Mit der Zeit habe ich immer wieder magische Momente erlebt.

Zum Beispiel, als ich mit meinem Hund abends spazieren gegangen bin. Ich habe meine Füße auf dem Boden gespürt, mich umgeschaut, was mich mehr zu mir bringt, mehr aus dem Kopf, mehr ins Jetzt.
Es hat geregnet. Ich habe hoch zur Laterne geschaut und fand es wunderschön, wie die Regentropfen im Licht aussehen. Sie glänzten und draußen war es dunkel. Es war magisch!
Ich fühlte die Wärme im Bauch und wie schön die Welt ist. Ich spürte die Kälte draußen und die Wärme in mir. Der Moment war schön, ich fühlte mich lebendig, endlich hier.

Körper und Kontakt

Auch im Kontakt mit anderen Menschen habe ich ab und zu meine Präsenz geübt.
Und die schönsten Momente haben sich ergeben, wenn mir das mal gelungen ist. Ich konnte tiefer in mich rutschen und die andere Person mit dem Herzen sehen und nicht von oben aus dem Kopf.

Da war eine Tiefe drin und viel Wärme. Es war sehr schön und erfüllend.

Diese Momente haben sich intensiv und lebendig angefühlt. Manchmal auch verbunden mit der Welt, manchmal berührt, manchmal mit so viel Freude.

Ich bin sehr dankbar für diese Momente. Sie waren meine Motivation weiterzumachen und weiter zu üben. Ich war auch immer wieder neugierig, was für Momente ich am nächsten Tag vielleicht erleben werde.

Alles nur so schön?

Das hört sich jetzt vielleicht zu schön an, deswegen möchte ich auch die andere Seite zeigen, die auch da war.

Die Übungen zu machen, mich in der Präsenz zu üben, gedanklich nicht abzuschweifen und dadurch meine Aufmerksamkeit und den Fokus zu halten, war teilweise höllisch anstrengend für mich.
Im wahrsten Sinne des Wortes.

Um die Übungen zu machen, musste ich erholt sein, Kraft und Kapazität im Kopf haben. Wenn ich erschöpft war, ging es nicht. Während der Übungen hat es sich wie Sport machen angefühlt, wie Muskeln trainieren. Es war anstrengend den Fokus zu halten. Ich hatte das Gefühl, ich halte eine Betonwand oder eine Stange und trainiere so meine Muskeln.

Auch war es schwierig, mich in einen entspannten Zustand zu bringen. Ich hatte das Gefühl, ich brauche 30 Minuten, um runterzukommen.
Und währenddessen liege ich ja nicht entspannt auf der Couch und lasse es passieren, sondern ich muss ackern.

Den Körper zu spüren muss man üben

Dazu kam, dass ich diese wachen und schönen Momente, gefühlt nur einige Sekunden halten konnte.
Kaum war es da, zack, war es auch schon wieder weg!
Es war frustrierend, dass es so anstrengend für mich war und der Moment der Präsenz so kurz.

Ich war auch insgesamt enttäuscht und sauer, wie viel Aufwand ich reinstecken musste und wie langsam es voranging.

Zwischendurch habe ich gedacht: Ich bin einfach zu langsam, zu doof und müsste mich einfach nur mehr anstrengen! Es wäre doch auch nicht so schwer, ich müsste es nur einfach machen.
Doch leider war es nicht so einfach.

Ich habe es gebraucht, von jemandem zu hören: „Ja, es ist anstrengend, es ist schwer, es ist nicht einfach!“.
Das hat gutgetan.
Ich habe auch darüber geweint, dass ich so enttäuscht und erschöpft war und dass es so langsam ging.

Da ich am Anfang mit den Übungen ein bisschen übertrieben habe (ich neige dazu, mich in Sachen reinzustürzen, von denen ich begeistert und überzeugt bin), kam irgendwann die Phase, wo ich die ganze Motivation verloren habe.
Ich hatte keine Lust mich anzustrengen.
Mehr noch, ich habe sogar Widerstand gegen die Übungen gespürt.
Ich habe diese Phase mehr oder weniger frustriert angenommen und irgendwann nach ca. 1,5 Monaten ging es wieder.
Entgegen meiner Befürchtung, dass ich wieder von vorn anfangen muss und aus der Übung raus bin, war es wie beim Autofahren. Diese Fähigkeit, die ich trainiert habe, war da und ich konnte weiter machen.

Irgendwann fielen mir die Übungen viel leichter.
Ich kam einfacher und schneller rein. Es hat sich nicht mehr so angefühlt, als ob ich eine Betonwand halten müsste. Ich habe mich sogar gefragt, was denn früher so anstrengend war.
Die kurzen Momente der Präsenz kamen auch mal von allein, ohne dass ich bewusst etwas dafür machen musste.

Und wie ist es jetzt?

Als erstes möchte ich sagen, dass meine Füße viel „fühliger“ geworden sind.
Und sonst…

Die berauschende Verliebtheitsphase meiner Beziehung zur Körperwahrnehmung ist vorbei.

Es ist ruhiger geworden, fühlt sich aber nicht weniger richtig an.
Das ist ein Prozess, der fließend ist. Es verändert sich etwas von Phase zu Phase und auch von Tag zu Tag.

Ich muss weiterhin üben und dranbleiben.
Nicht mehr ganz vom Anfang und irgendwie schon.

Ich bin weiterhin die meiste Zeit nicht so präsent und habe oft das Gefühl, dass Dinge und Tage an mir vorbei gehen.
Ich bin ungeduldig und wäre gerne schon weiter.

Und es geht auch weiter.

Oft sind es die Kleinigkeiten, die ich immer wieder erlebe, die neu dazu kommen.

Ich nehme mich in verschiedenen Situationen differenzierter wahr, spüre neue Sachen und denke „Ah, das ist ja spannend!“.
Im Kontakt mit anderen bin ich präsenter.
Ich spüre mehr, wie ich meine Muskeln anspanne, und was es für eine Wirkung auf mich hat, wenn ich das bewusst nicht mehr mache oder meinen Atem verändere.

Das alles ist sehr interessant und eine Welt für sich.

Und ich bin trotz meiner Frustration und Ungeduld auch sehr dankbar und neugierig darauf, noch mehr zu entdecken.

Wenn du an weiteren persönlichen Erfahrungen mit dem ersten Landen im Körper und was in der Prozessgruppe passiert interessiert bist, dann kannst du hier weiterlesen:
Helgrits Tagebuch – Mein Körper und ich

An dieser Stelle möchte ich dir auch noch folgende meiner Blogartikel empfehlen:

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