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Diagnose & Psychotherapie: Sind Diagnosen Wahrheit oder Fiktion?

von | 06.03.2021 | 3 Kommentare

Diagnosen können hilfreich oder manchmal auch befreiend sein. Sie geben dem Leiden einen Namen und machen es damit „legitim“. Und sie geben auch Hoffnung auf eine heilende Behandlung. Sie können aber auch stigmatisieren und Betroffene in eine bestimmte Schublade stecken. Fatal wird es, wenn man damit identifiziert wird und jede Therapie nur noch starr auf diese Diagnose fixiert ist.

Im folgenden Blogbeitrag widmen wir uns dem Themenkomplex falsche Diagnose & Psychotherapie und welche nachhaltigen negativen Auswirkungen es für Patienten haben kann, wenn eine Fehldiagnose gestellt wurde.

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Diagnosen oder Befundungen sind das, was Psychiater, Ärzte oder Psychologen aufschreiben, um deine Symptomatik zu beschreiben.

Befundungen haben positive und negative Seiten.

Glaube nicht alles, was dir gesagt wird

Es muss eine Diagnose geben, wenn du dir von einem Arzt oder Psychiater etwas verschreiben lassen möchtest. Zum Beispiel eine Therapie.

Sie sind eine Indikation für die Krankenkassen, damit diese die Behandlung durch einen Therapeuten bezahlen.

Dabei werden Diagnosen oft so gestellt, dass von der Krankenkasse mehr Stunden zur Verfügung gestellt werden.

Wenn jedoch eine solche angepasste oder vielleicht sogar falsche Diagnose für eine Psychotherapie (oder eine andere Behandlung der Krankheit) gestellt wird, kann das weitreichende Folgen für dich haben. Das Dilemma für dich dabei ist, dass du diese Befundung von da an mit dir herumträgst. Weil es kaum Ärzte und Psychologen gibt, die gegenseitig ihre Befunde in Frage stellen.

Du solltest immer fragen, was für ein Befund in deine Akte kommt. Und gegebenenfalls Einspruch erheben, wenn zum Beispiel eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert wird, du aber eine solche psychische Erkrankung nicht an dir erkennen kannst. Auch in der Medizin werden Fehler gemacht, weshalb du deinen Verdacht einer Fehldiagnose auf jeden Fall sofort ansprechen solltest.

Falsche Diagnose in der Krankenakte: Ein Befund ist eine Meinung und keine Wahrheit

Erhältst du vom Arzt aus einem bestimmten Kalkül heraus eine Diagnose, damit z.B. deine Psychotherapie von der Krankenkasse übernommen wird, solltest du immer bedenken: Eine Diagnose macht etwas mit uns. Vor allem, wenn wir anfangen uns mit ihr identifizieren.

Dann sind wir immer auf der Suche nach der Bestätigung der Symptomatik einer Krankheit oder Störung. Wir wollen immer kohärent sein. Das heißt, wir fangen dann auch an, uns stimmig zu verhalten.

Eine Diagnose findet auch immer im Kopf des Behandlers statt

Auch bei schwerwiegenden Diagnosen wurde in der Vergangenheit selten darauf geschaut, ob die Erkrankung eventuell eine Traumafolgestörung ist.

Es ist ein Unterschied, ob du bestimmte Verhaltensweisen und Muster auf Grund dessen entwickelt hast, was dir geschehen ist und eine Traumatisierung zugrunde liegt. Dann kannst du dich wahrscheinlich schlecht regulieren und in Beziehungen zeigen sich deine Bindungsverletzungen. Auch psychische Krankheiten wie Depressionen können durch Traumata entstehen. Damit kann man in der Therapie arbeiten.

Wenn du eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert bekommen hast, dann kann es sein, dass du Schwierigkeiten bekommst einen Therapieplatz zu bekommen, denn nicht alle Therapeuten behandeln Persönlichkeitsstörungen.

Wenn du eine schwerwiegende Befundung bekommst:

  • hole dir eine Zweitmeinung ein, oder auch eine dritte
  • schaue für dich, ob das wirklich wahr ist, ob du es wirklich in dir findest
  • frage, ob du diese Diagnose womöglich nur bekommst, damit die Krankenkassen zahlen

Informationen zu Trauma-Symptomen und Traumatherapie findest du ebenfalls auf meiner Webseite.

Eine Diagnose hat immer Auswirkungen auf das weitere Leben

Im Zusammenhang mit einer Diagnose und Psychotherapie gilt leider, dass sie mitunter negative Auswirkungen auf dein Leben haben kann. So kannst du zum Beispiel Schwierigkeiten bei einem Abschluss einer Lebensversicherung haben, wenn bestimmte Diagnosen hinsichtlich Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen in deinem Arztbericht stehen.

Vor allem kann es dazu führen, dass du nach Behandlungsmethoden suchst, die evtl. nicht für dich passen. Du investierst unter Umständen viel Geld und Zeit und bist frustriert , weil sich kein Erfolg einstellt. Oder schlimmer noch: Du glaubst, dass eine Verbesserung deines Befindens nicht möglich ist.

Es ist also gut, wenn du dir so viele Informationen wie möglich holst und dieses Wissen in deine Therapie mit einbringst. So kannst du trotz einer zunächst vielleicht schwierigen Diagnose mithilfe von Psychotherapie an einer wirksamen und nachhaltigen Lösung arbeiten.

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3 Kommentare

  1. Hallo Dami,

    warum hast du solche Vorbehalte gegenüber Menschen mit Persönlichkeitsstörungen? Dein Beitrag wirkt so, als gäbe es für dich Diagnosen „erster“ und „zweiter“ Klasse, und das finde ich ganz fatales Signal.

    Ich habe im Laufe meines fast 50-jährigen Lebens schon viele Diagnosen bekommen. Diverse Persönlichkeitsstörungen sind genauso dabei wie PTBS und anderes mehr. Heute weiß ich, dass all diese Diagnosen nur unterschiedliche Perspektiven auf ein und dieselbe Sache sind, nämlich meine ganz individuelle Persönlichkeit mit meiner genauso einzigartigen Geschichte.

    Heute sehe ich das pragmatisch: Wie man ein Problem benennt, ist nebensächlich. Das Wichtigste ist, wie man damit umgeht und sich die Hilfe sucht, die einem gut tut. Wie ich mich selber sehe, dass ich gut mit mir umgehe und meine eigenen Bedürfnisse erkenne: Diese Selbstverantwortung ist letztendlich das einzig Entscheidende ‒ und die ist völlig unabhängig davon, welche Diagnosen in meinen Unterlagen stehen.

    Was das Problem mit bestimmten Versicherungen angeht, die man mit einigen Diagnosen nicht abschließen kann: Dieses Problem existiert, aber dafür sollte man nicht Ärzte und Therapeuten verantwortlich machen, sondern die Versicherungswirtschaft, die Menschen ganz kalt und empathielos auf ihre versicherungsmathematischen Wahrscheinlichkeiten reduziert. Da wäre die Kritik viel angebrachter!

    Antworten
  2. Die Schreiberin des vorigen Kommentars hat offenbar Glück gehabt mit den Therapeuten, ich nicht. Nein, die Diagnose ist nicht gleichgültig, und sie ist oft retraumatisierend.
    Du beschreibst hier die Tragödie meines Lebens. Ich bekam, auch unter Mitwirkung meines narzißtischen Vaters, dessen Sündenbock ich zeitlebens war, eine Diagnose, die für mich derart schambesetzt ist, daß ich sie nicht einmal hier auszusprechen wage. Dank dieser Fehldiagnose (von Trauma hatte damals noch keiner eine Ahnung) hatte ich 2 widersprüchliche Rollen: Verachtete Patientin und geschätzte Therapeutin in der Psychiatrie und auch im Leben. Das hatte einen großen Einfluß auf mein Leben, es hat mich oft zerrissen innerlich. Wenn ich darüber reden wollte, hat mir entweder keiner geglaubt, oder es war von Selbstverantwortung die Rede, wodurch das Problem verharmlost wird. Ich bin Dir dankbar für diesen Artikel, er ist mutig, weil er Realitäten anspricht, die ich nirgends aussprechen konnte.

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  3. Nach dem Genuss von zu viel Haschisch bekam ich die Diagnose eine Psychose zu haben. Mein Widerspruch war angeblich der Beweis für meine Krankheit – was für ein Alptraum! Der Alptraum meines Lebens. Ich sei schwer krank und man müsse mich medikamentös einstellen. Mit Medikamenten alles gar kein Problem…..Am besten langfristig um einen Rückfall zu vermeiden.
    Richtig schlimm wurde es aber später mit meinem Kind. Ich selbst habe jegliche Medizin abgesetzt und nie wieder einen Fuß in Therapie gestellt. Für mein Kind eine Therapie zu finden, die unabhängig davon war, dass ich Jahre vorher eine psychiatrische Behandlung bekommen hatte, war nicht möglich.
    Nicht ärztliche Therapeuten haben uns weg geschickt mit der Begründung sie könnten bzw dürften nicht . Nur ein Psychiater dürfe eine Behandlung in diesem Fall durchführen
    Lügen kann ich leider nicht gut. Die Frage nach psychischen Krankheiten in der Familie würde ich jedoch heute nicht mehr wahrheitsgemäß beantworten

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