Es gibt ein paar Wege Menschen vollkommen zu verunsichern oder gar verrückt zu machen. Besonders widersprüchliche Signale, Aussagen und Botschaften auf unterschiedlichen Ebenen der Kommunikation verwirren uns und tragen dazu bei, dass wir als Empfänger unsere eigene Wahrnehmung hinterfragen. In der Psychologie spricht man vom sogenannten Double Bind (auch Doppelbindung), wenn zwei entgegengesetzte Botschaften gleichzeitig übermittelt werden. Klassisches Beispiel: Auf die Frage: „Wie geht es dir?“ wird mit hängenden Mundwinkeln und trauriger Stimme geantwortet: „Mir geht es gut.“
In diesem Video beschreibe ich, was eine Doppelbindung genau ist und warum die meisten von uns (leider) mit paradoxen Botschaften vertraut sind. Ich wünsche dir viel Spaß dabei!
Wie uns das Verhalten anderer in Verwirrung stürzen kann
Sind wir in der Nähe von Menschen, die in ihrer Kommunikation ständig Double Binds nutzen, fangen wir an, uns selbst infrage zu stellen. Dies geschieht vor allem, wenn diese Menschen uns nah sind oder wir gar auf sie angewiesen und von ihnen abhängig sind — wie etwa in der Beziehung eines Kindes zu seinen Eltern. Durch sich widersprechende Nachrichten haben wir irgendwann das Gefühl, dass mit unserer Wahrnehmung etwas nicht stimmt. Dies führt oft dazu, dass wir als Erwachsene schlechte Entscheidungen treffen, vor allem was andere Menschen betrifft.
Eine Doppelbindung ist eine sich widersprechende, paradoxe Kommunikation, die der Sender nicht auflöst, sondern darauf beharrt, dass die gesendete Botschaft eindeutig ist. Es gibt jedoch noch weitere Wege, andere durch Double Binds verrückt zu machen. Leider sind diese nicht unüblich in der Kindererziehung. Durch Doppelbotschaften — verbal und/oder im Verhalten, bewusst oder unbewusst — können Mutter, Vater oder Großeltern bei Kindern schwerwiegende Folgen verursachen und deren Wahrnehmung nachhaltig schädigen.
Beispiele doppelter Bindungen in der Erziehung können etwa sein: Das Kind kommt in den Raum und merkt, dass sich die Eltern offenkundig gestritten haben. Die Mutter beteuert aber, dass alles in Ordnung sei. Das Resultat des Double Binds: Das Kind spürt eine aggressive Atmosphäre, zweifelt jedoch seine eigene Wahrnehmung an. Auch die Aussage “Du bist das Wichtigste für uns! Wir haben dich total lieb!” im Widerspruch dazu, dass die Eltern nie fragen, wie es dem Kind geht, sind ein klassisches Beispiel von doppelten Bindungen in der Eltern-Kind-Beziehung.
Doppelbindungen und Bezugspersonen: Eine Zwickmühle mit schwerwiegenden Folgen
Gerade traumatische Ereignisse und Situationen, die durch enge Bezugspersonen verursacht werden, verwirren uns enorm. Einerseits ist dieser Mensch die wichtigste Bezugsperson und soll Sicherheit im Leben des Kindes geben. Andererseits tut sie jedoch Dinge, die unangenehm, überwältigend, demütigend oder gar brutal sind. Besonders junge, leicht beeinflussbare Menschen werden häufig Opfer von Double Binds. Diese paradoxen Muster im Verhalten der Eltern oder anderer vertrauter Menschen kann ein Kind als Empfänger nicht begreifen.
In solchen Situationen wird das Kind selbst innerlich von zwei sich vollkommen widersprechenden Instinkten beherrscht: Einerseits wird der Fluchtreflex ausgelöst und andererseits kommt der Bindungsreflex zum Tragen. Letzter führt zur Reaktion, Schutz bei ebenjener Bezugsperson zu suchen.
Man kann sich vorstellen, dass solche Doppelbindungen bzw. -botschaften (Double Binds) für ein Kind zu innerer Überwältigung und vollkommener Verwirrung führen können. Dies kann auch enorme Auswirkungen auf das spätere Bindungsverhalten in Beziehungen sowie die Persönlichkeit an sich haben.
Die zwei Varianten der doppelten Bindung
In der Psychologie lassen sich zwei Ausprägungen der Doppelbindung unterscheiden. Grundsätzlich gilt für Betroffene: Beide Varianten haben zufolge, dass sich die Wahrnehmung verschiebt. Das Opfer verfällt in ein Muster, dass es entweder nur noch glaubt, was es hört oder sich ausschließlich auf sein Gefühl verlässt.
Je jünger die Betroffenen sind, desto eher glauben sie, was sie glauben sollen — also was ihnen vom Sender gesagt wird. Diese Zwickmühle zieht im Erwachsenenalter oft übertriebene Gutgläubigkeit nach sich. Man ist es gewohnt, die eigene Wahrnehmung als falsch abzutun und vertraut dem Gesprächspartner blind.
Das andere Muster, das durch Double Binds verursacht werden kann, ist übermäßiges Misstrauen im Gespräch. Betroffene ändern ihre Persönlichkeit in Beziehungen dahingehend, dass sie dem gesprochenen Wort gar keinen Glauben mehr schenken. Die verbale Ebene wird ständig angezweifelt. Taten wiegen deutlich mehr als Worte. Nur wie sich Mutter, Vater oder Großeltern in der Beziehung verhalten, wird als Maßstab betrachtet. Was sie im Gespräch sagen wird hingegen permanent hinterfragt. Auch diese Variante der Doppelbindung führt zu Unglück, denn nur man selbst weiß, was “die ganze Wahrheit” ist. Komplimente oder lieb gemeinte Worte werden nicht angenommen. Dies führt dazu, dass die durch das Double Bind verursachte Wunde auf verbaler Ebene gar nicht geheilt werden kann.
Die (bewusste oder unbewusste) Manipulation durch Mutter, Vater oder sonstige Bezugspersonen führt zu der Annahme: „Ich liege falsch, weil die verbale Ebene nicht mit der non-verbalen Ebene übereinstimmt.“ Double Binds kosten enorm viel Energie, denn es muss ständig neu eingeordnet werden, was gesagt/getan wird. Nichts wird ”für bare Münze genommen“. Dies kann sehr stressig und psychisch zermürbend für die Opfer doppelter Bindungen sein und sich negativ auf deren Beziehungen auswirken. Der ständige Kampf zwischen Flucht- und Bindungsreflex führt dazu, dass sie sich nie voll und ganz ”fallen lassen können“. Da ist es kein Wunder, dass Mechanismen doppelter Bindungen auch zur bewussten Manipulation oder gar psychischen Folter eingesetzt werden, denn schließlich kommen sie einer regelrechten Gehirnwäsche gleich.
Wie kannst du mit den Auswirkungen einer doppelten Bindung umgehen?
Der Schlüssel zum Erfolg ist, dir Folgendes bewusst zu machen: Du musst lernen, mit den Effekten, die Double Binds auf deine Persönlichkeit und Beziehungen haben, umzugehen. Ein Weg aus der Zwickmühle der Doppelbindung ist die Erarbeitung von Strategien und angemessener Reaktionen darauf. Schaffe ein Bewusstsein dafür, ob du in deiner Kindheit von offener oder geschlossener — also bewusster oder unbewusster — Manipulation betroffen warst. Eruiere, wie du als Erwachsener mit Beziehungen umgehst und wie du dich in Gesprächen verhältst.
Ohnehin sind Menschen sehr anfällig für Prägungen in Beziehungen. Warst du als Kind oder junger Mensch von Doppelbotschaften betroffen, wird dies unter Umständen um ein Vielfaches potenziert. Sieh dir dein Umfeld daher genau an. Wer fördert dich und wer macht dich klein? Sind Misstrauen oder das Hinterfragen deiner Wahrnehmung tatsächlich eine angemessene Reaktion oder nur verinnerlichtes (falsches) Verhalten? Dabei kann etwa das reflektierte Führen eines Tagebuchs oder der Austausch mit anderen Betroffenen helfen.
Nachfolgend nochmal die wichtigsten Maßnahmen auf einen Blick:
- Schaffe Bewusstsein für Double Binds.
- Akzeptiere zunächst, dass es so ist, wie es ist.
- Erforsche, wie du dich in Beziehungen verhältst.
- Erforsche, wie sich dein Umfeld zu dir verhält.
- Führe Tagebuch.
- Suche den Austausch mit anderen Betroffenen.
Mein Team und ich sind dein sicherer Hafen und unterstützen dich bei der Traumabewältigung. Im Rahmen unserer Traumatherapie zeigen wir dir, wie du mit deiner Wahrnehmung umgehst und diese fördern kannst. Wir helfen dir dabei, dich besser zu verstehen! So lernst du praktische Vorgehensweisen, wie du deine Empfindungen besser einordnen und ihnen Glauben schenken kannst.
Weitere Infos zu Double Binds erhältst du bei Wikipedia. Sehr lesenswert sind auch diese ausführlicheren Artikel über Doppelbindungen und über Selbstverletzendes Verhalten.