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Trauma und körperliche Schmerzen

von | 11.07.2017 | 1 Kommentar

Trauma und Schmerzen hängen oft zusammen und doch sind unser Verständnis davon und das Wissen darüber meist sehr eingeschränkt.
Viele Menschen haben körperliche Schmerzen und verschiedene belastende Symptome in irgendeiner Form. Die Ursachen dafür werden selten mit Trauma in Verbindung gebracht.

Um körperliche Schmerzen zu lindern, ist eine funktionale Behandlung, z.B. durch eine Physiotherapie, sinnvoll und auch hilfreich. Ein funktionaler Umgang mit körperlichem Schmerz reicht aber oft nicht aus.
Es kann sein, dass die klassische Schmerzbehandlung nicht hilft und die Schmerzen immer wieder kommen oder nicht wirklich verschwinden. Dann ist es wichtig zu schauen, was der tatsächliche Auslöser dieser – oft chronischen – Schmerzen ist.
Mit dem Körper zu arbeiten – unter Einbeziehung der Psyche und umgekehrt – kann einen Raum öffnen, der auf unterschiedlichen Ebenen hilfreich ist – auch bei körperlichen Schmerzen.
Wir betrachten also heute eine weitere Dimension von Trauma: Schmerzen, die seelisch entstehen und körperlich gefühlt werden.

Erkenntnisse über Schmerz aus der Osteopathie – ein Interview mit Sigrid Plate

Das Wissen über Schmerzen und andere Symptome und unser Verständnis von den vielen Ursachen ist meist sehr eingeschränkt. Meine Kollegin Sigrid Plate ist Osteopathin und Co-Trainerin in all meinen/unseren Kursen und Ausbildungen. Ihre Wahrnehmung des Körpers ist absolut faszinierend und Ihre Fachkompetenz hilft uns dabei, ein noch tieferes Verständnis dafür zu bekommen, wie aus traumatischen Situationen nicht nur Gefühle wie Angst und Stress oder posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) entstehen, sondern auch körperliche und chronischen Schmerzen.
Gerade auch Entwicklungs- und Schocktrauma können zu chronischen Schmerzen führen, da der Körper gesamtheitlich chronisch belastet ist – seelisch und physisch.

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Schmerz ist Trauma als körperliches Empfinden

Ein traumatisches Ereignis oder mehrere beinhalten Überwältigung, übermäßigen Stress, vielleicht panische Angst, Todesangst und das Gefühl der Machtlosigkeit oder Ohnmacht.
Doch nicht jedes Trauma wird durch einen gravierenden, schockierenden Moment ausgelöst, durch schwere Gewalt, emotionalen Missbrauch, Naturkatastrophen oder Krieg – wir müssen hier zwischen Schocktrauma, Bindungstrauma und Entwicklungstrauma unterscheiden.
Schmerz und Trauma können zum einen schon durch sehr frühe Verletzungen im Baby- und Kindesalter entstehen, zum anderen können Ereignisse im Erwachsenenalter auch über Jahre als Trauma kumuliert werden. Ein schwerkranker Partner, psychischer und emotionaler Missbrauch, Krankheiten, große Sorgen, aber auch rein körperliche Erinnerungen an zum Beispiel eine schwere Operation, die zwar nicht bewusst wahrgenommen wird, aber dennoch Spuren hinterlässt.
Für alle Formen des Traumas gilt: Ein Trauma wird im Körper und im Gehirn vollkommen anders prozessiert als andere Probleme. Die Aktivität des Gehirns und der Ort der Erinnerungsspeicherung sind der entscheidende Unterschied.

Traumata werden im Stammhirn, dem entwicklungsgeschichtlich ältesten Teil des Gehirns, gespeichert, weil diese Erlebnisse etwas sind, wo es ums Überleben geht, wo unsere Instinkte und Reflexe gefragt sind. Wird dieser Part mit den traumatischen Erinnerungen durch Trigger oder Fragen aktiv, löst das wieder die alten Gefühle aus. Bei einem Trauma können diese Gefühle aber nicht gehalten werden, man wird von ihnen überwältigt. Diese Situation und Konfrontation mit der Masse an schlechten Erinnerungen und Gefühlen versuchen Betroffene zu vermeiden durch verschiedene Schutzmechanismen. Dies führt zu einem zusätzlichen inneren Druck – zu einer Spannung, die gehalten werden muss, um nicht unter der Last zusammen zu brechen.

Eine weitere Feststellung, die darauf hinweist, wie der Körper ganz eigene Erinnerungen und Reaktionen entwickelt, sehe ich häufig in der Praxis: Die Aktivität des Körpers passt nicht zu dem, was erzählt wird. Manche Menschen erzählen eine Geschichte und eine vollkommen andere mit ihrem Körper: Jemand erzählt von einem Ausflug mit seinem Vater in den Wald als eines der Highlights seiner Kindheit und gleichzeitig sagt sein Körper genau das Gegenteil aus.

Wie seelische Verletzungen körperliche Schmerzen verursachen können

In der Medizin wird Schmerz beschrieben als biologisches Sinnessystem, das kleine und große, äußere wie innere Schäden abwenden und anzeigen soll. Als Frühwarnsystem soll Schmerz als fühlbares Signal Schutzreaktionen auslösen und den intensiven Impuls geben, etwas sofort zu unterlassen oder zu tun. Ein Beispiel: Fassen wir etwas zu Heißes an, löst ein Anfangsschmerz den Impuls aus, sofort loszulassen, bevor ernsthafte Verbrennungen entstehen. Ist es zu spät und wir haben uns verbrannt, weist ein intensiver Schmerz darauf hin, dass dringend etwas getan werden muss gegen den entstandenen körperlichen Schaden. Die Aktivität dieses Sinnessystems ist also lebenserhaltend, normalerweise aber deswegen auch von zeitlich begrenzter Dauer: Der Schmerz dauert so lange, wie die akute Schädigung besteht oder die Heilung in die Wege geleitet ist.
Chronischer Schmerz wird als Dauerzustand oder als ständig wiederkehrende Empfindung definiert.
Zu dem chronisch auftretenden Phänomen gehört ganz wesentlich der Leidensaspekt, der die reine Schutzfunktion des Schmerzes ablöst. Längere Schmerzzustände haben enormen Einfluss auf die Lebensqualität der Betroffenen.
Abgesehen von den konkreten physischen Ursachen, wenn denn vorhanden und erkannt, wirken bei der Chronifizierung auch soziale und psychische Faktoren mit.

Aus traumatischen Situationen nimmt man Gefühle wie Angst und Stress mit, neben Traumasymptomen oder gar einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), kann eben auch körperlicher Schmerz entstehen, der chronisch werden kann.
Der Körper ist chronisch belastet mit Emotion und Schmerz auf verschiedenen Ebenen.
Dies geschieht, wenn der Körper durch Spannungen bestimmte psychische Zustände hält, damit sie uns nicht überwältigen.
Hier gilt es genau zu schauen, wie sich die Auflösung körperlicher Anspannungen auf die Psyche auswirkt. Wird zu schnell vorgegangen und ist der Rahmen nicht sicher genug, kann dies unter Umständen dazu führen, dass uns die alten, bisher in den Spannungen gehaltenen Emotionen überrollen.
Wenn du mehr darüber wissen möchtest, wie sich Trauma im Körper zeigt, auch als chronische Symptomatik, dann empfehle ich dir diesen Beitrag: Wie uns Trauma hindert, uns im Körper zu Hause zu fühlen.
Hier sind dann unter Umständen. Multidisziplinäre Behandlungsansätze sinnvoll, um das Gefühl zurückzugewinnen, sowohl seelische als auch körperliche Schmerzen bewältigen zu können. Ob Schmerztherapie, Körpertherapie (z.B. Physiotherapie) und Osteopathie, oder auch Traumatherapie oder Körperpsychotherapie – die richtige Kombination ist entscheidend.

Selbstregulation bei körperlichen Schmerzen und Trauma

Neben der Physiotherapie ist vor allem die Osteopathie ein Bereich der Medizin, in dem Schmerzen direkt über den Körper behandelt werden.
Auch hier gibt es verschiedene Behandlungen und Ausrichtungen. Es gibt die manuelle Therapie, bei der chronische Verspannungen mechanisch gelöst werden. Dann gibt es die biodynamische Ausrichtung der Therapie, bei der das Feld etwas weiter gemacht wird. Dort wird nicht nur von der Struktur ausgegangen, sondern geschaut, welche universellen Anbindungen es noch gibt und wo die Gesundheit im Körper noch spürbar ist.
Einen wesentlichen Anteil an einer guten Körperfunktion haben zum Beispiel unsere Körperflüssigkeiten. Sie unterliegen einem bestimmten Bewegungsablauf, einer sogenannten Amplitude. Bewegt diese sich in einem gut regulierten Bereich, dann sind diese Flüssigkeiten in einem ausgewogenen Fluss und sorgen für eine stabile Versorgung aller Zellen.
Das trägt zu einer guten Gesundheit bei und der Organismus kann beschwerdefreier funktionieren.
Gibt es dagegen an bestimmten Stellen einen Stau und andere Störungen, dann wird dieser Fluss zäher.

Craniosacrale Therapeuten können diesen Rhythmus fühlen und ihn wieder in Gang bringen oder physiologisch beeinflussen. Das Ziel ihrer Arbeit ist, die Regulation innerhalb des Körpers herzustellen und den Körper darüber wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
Das ist der Ansatz von Selbstregulation in der Osteopathie, um Störungen und Blockaden zu lösen.

Das eröffnet neue Dimensionen für Entwicklung und Veränderungen bei Trauma und chronischem Schmerz.
Eine dieser Dimension ist die Selbstregulation.

Den richtigen Umgang mit Emotionen, Angst, Stress und körperlichen Symptomen kannst du finden durch eine Behandlung oder Therapie, die diesen Prozess (Selbstregulierung) unterstützt, ergänzend zu den Behandlungsmethoden der Medizin.

Trotz Trauma und chronischem Schmerz: Die Gesundheit im Körper finden

Wie meine Kollegin Sigrid Plate in unserem gemeinsamen Video berichtet, besteht die Idee oder auch Haltung bei dieser Behandlung darin, mithilfe der gesunden Anteile im Körper die anderen Bereiche zu stärken. Das kann dabei helfen, sich insgesamt wieder besser zu regulieren.
Die Mittel und Wege und was das System dafür braucht, um dorthin zu kommen, sind recht vielfältig.
Unter anderem geht das über:

  • die manualtherapeutische Arbeit,
  • die Arbeit mit den Organen,
  • über die neuronale Ebene,
  • über die Flüssigkeiten im Körper.
  • über die Psyche

Dabei geht es immer darum, die Gesundheit wieder anzuschieben.
Trauma und Schmerzen sowie chronische Leiden müssen kein negativer Dauerzustand bleiben.

Wenn du lernen möchtest, wie du dich über den Körper selbst besser regulieren kannst, dann ist vielleicht mein Onlinekurs Mit Trauma leben das Richtige für dich. Der Kurs beginnt zunächst mit einem kostenlosen und unverbindlichen Schnupperkurs. In diesem kannst du mich und meine Arbeit kennenlernen und du bekommst bereits konkrete Übungen und Anleitungen an die Hand.

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1 Kommentar

  1. Bisher hätte ich nicht gedacht, dass sich seelische Schmerze so weit ausprägen können, dass sie physisch auf den Körper wirken. Ich verspüre einen Schmerz im Brust- und Bauchbereich. Hoffentlich kann mir mit einer allgemeinen Schmerz-Therapie geholfen werden.

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