Psychotherapien bei Trauma – warum sie oft nicht wirken

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Sehr viele Menschen sind von traumatischen Ereignissen und den daraus folgenden Störungen, posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS), psychischen und körperlichen Symptomen betroffen, wissen aber nur wenig über die Hilfs-Optionen: Methoden, Behandlungen und Verfahren scheinen undurchsichtig. Sie sind sich dann meist unsicher, zu welchem Therapeuten sie gehen sollen. Tatsächlich ist es so, und darum geht es in diesem Beitrag, dass viele Therapieformen bei Menschen, die eine Traumatisierung in sich tragen, nicht sehr gut wirken. Dadurch machen viele Menschen jahrelange Therapien, ohne das Ergebnis zu erreichen, das sie sich wünschen: ein lebendigeres und unbelasteteres Leben, in dem die Vergangenheit nicht mehr die Zukunft bestimmt.

Insbesondere meine ich damit die rein gesprächsbasierte Psychotherapie. Trauma wird auf eine sehr spezielle Art und Weise im Gehirn und im Körper gespeichert. Die betrifft vor allem Schocktraumata, aber auch Bindungs- und Entwicklungstraumata, die sich über Jahre kumulieren und entwickeln.
Warum eine körperorientierte Traumatherapie dringender Bestandteil der Trauma-Psychotherapie sein sollte, wird deutlich, wenn wir das Trauma als solches und damit verbundene Gefühle tiefenpsychologisch betrachten und zugleich die Lokalisierung traumatischer Erinnerungen im Gehirn.

Eine wichtiger Schritt für die Wahl der passenden Therapie: Trauma verstehen lernen

Vielleicht kennst du das Gefühl, von einer Situation, einem Erlebnis oder mehreren Ereignissen dauerhaft überwältigt zu sein und sie gegebenenfalls auch wiederholt zu durchleben.
Ob für die Verarbeitung traumatischer Ereignisse an sich oder bei einer posttraumatischen Belastungsstörung (ptbs): es lohnt sich, sich zunächst Gedanken darüber zu machen, was ein Trauma überhaupt ist und wo es entsteht und darauf basierend, welcher therapeutische Ansatz dafür sinnvoll ist.

Traumata erkennen

Betroffene haben häufig das Gefühl oder die Angst, es liege an Ihnen, wenn es in der Therapie nicht vorwärts geht. Es liegt ganz oft aber nicht an dir und nicht daran, dass du therapieresistent oder nicht lernfähig wärst. Stattdessen liegt es eher an der Art von Therapie, die häufig durchgeführt wird. Ein Trauma wird im Körper und im Gehirn vollkommen anders prozessiert als andere Erinnerungen. Ein traumatisches Ereignis -vor allem Schocktrauma – beinhaltet immer eine Art Überwältigung, eine panische Angst, Todesangst. Das gilt auch dann, wenn wir uns dessen gar nicht bewusst sind bzw. das bei dem traumatischen Ereignis nicht gespürt haben. So kann z.B. eine Operation traumatisch sein, aber natürlich hast du sie meistens nicht so in Erinnerung, weil du in Narkose warst. Dein Körper ist aber gewissermaßen nicht wirklich in Narkose, sondern bildet trotzdem Erinnerungen. Auch sonst gibt es noch ganz viele andere Dinge, die dir vielleicht als normal erschienen sind oder bei denen alle anderen sagen, dass du damit zurecht kommen müsstest. Aber irgendwie kommst du eben nicht damit zurecht. Auf jeden Fall ist Trauma einfach weit davon entfernt, dass es immer nur um Naturkatastrophen, Krieg, oder sonst eine Form von schwerer Gewalt geht. Viele Menschen sind betroffen z.B. wenn der Partner einen Herzinfarkt bekommt und man dabei ist oder, wenn man erfährt, dass man schwer krank ist. Das können total traumatische Erlebnisse sein.
Menschen beginnen für die Verarbeitung auch solcher Ereignisse eine Therapie. Ein Trauma bedarf aber einer speziellen Trauma-Psychotherapie.

In meinem Blog erfährst du darüber hinaus, wie du einen geeigneten Traumatherapie-Therapeuten findest.

Gehirn, Trauma und Psychotherapie

Es ist wichtig, sich vor der Wahl der Therapie oder eines Psychotherapeuten klar zu machen, wie Traumata erinnerungstechnisch im Gehirn bearbeitet werden. Deshalb möchte ich kurz und grob auf den Aufbau unseres Gehirns eingehen. Man spricht manchmal von dem „dreieinigen Gehirn“. Da ist zum Einen das Stammhirn, der entwicklungsgeschichtlich älteste (ca. 500 Millionen Jahre alte) Gehirnteil. Dieser ist für das Überleben zuständig. Erst ca. 300 Millionen Jahre später hat sich das limbische System darauf gesetzt. Das ist sozusagen der Teil, wo Emotionen und Bindungen ins Leben kamen. Das was uns als Menschen praktisch ausmacht, sind der Neocortex und der frontale Cortex, durch den wir z.B. abstrakt denken können. Dieser entwickelte sich erst vor ca. 200.000 Jahren.

Traumata werden im Stammhirn gespeichert, weil diese Erlebnisse etwas sind, wo es ums Überleben geht, wo unsere Instinkte und Reflexe gefragt sind. Das Stammhirn, als älteste Hirnregion, reagiert aber nur sehr indirekt auf Sprache. D.h. ich kann Dinge hundertmal erzählen, aber es ändert nichts am Empfinden und bringt das Trauma überhaupt nicht zum Verschwinden, wäre dies anders, wäre jede und jeder Betroffene geheilt.
Deswegen lässt man heute in der Trauma-Psychotherapie Klient*innen eigentlich nicht mehr die traumatischen Geschichten erzählen. Vor einigen Jahren bestand noch die Annahme, dass ein Trauma davon “geheilt” wird, wenn es in möglichst vielen Details erzählt wird. Heute weiß man, dass es weder sinnvoll noch heilsam ist, sondern nur hoch belastend oder gar retraumatisierend. Die Konfrontation mit der Erinnerung und Angst ist eigentlich nur eine zusätzliche psychische Belastung. Trauma und Psychotherapie verhalten sich in diesem Fall also eher kontraproduktiv zueinander.
Das Stammhirn reagiert sehr stark auf Bilder, weshalb es für die Klient*innen sehr schrecklich sein kann, wenn sie ihre Geschichte erzählen. Denn dann kommen die ganzen Bilder und Gefühle wieder hoch.
Das ist dann oft erneut traumatisierend oder extrem beängstigend. Unser Verstand oder Neokortex hat überhaupt keinen Einfluss darauf, was im Stammhirn gespeichert wird. Das bedeutet auch, dass Klient*innen oft all ihre Probleme verstanden haben und erklären können, sich aber dennoch nicht wirklich tiefgreifend etwas verändert hat und das Leben leichter und lebendiger wird.
Das ist das große Problem mit Redetherapien: Der entscheidende Teil im Gehirn ist nicht für Sprache zugänglich; aber die Bilder, die mit der Sprache in einem hervorgerufen werden, lösen wieder die alten Gefühle aus. Bei einem Trauma können diese Gefühle aber nicht gehalten werden, man wird von ihnen völlig überwältigt. Das kann sich so äußern, dass die Gefühle aus einem herausplatzen oder so, dass man sie von sich abspaltet und dissoziiert (link zu Dissoziation) und die Stimme beim Erzählen ganz flach wird und man innerlich nicht mehr dabei ist.

Schocktrauma und Entwicklungstrauma

Bis jetzt haben wir praktisch über Schocktrauma gesprochen, das ist das, was normalerweise unter Trauma verstanden wird. Aber es gibt eben auch diese ganzen frühen Verletzungen, Bindungstraumata und Entwicklungstraumata, und auch da ist es so, dass dir ein Gespräch als Verfahren letztendlich sehr wenig nützt. Du wirst zwar ganz viele Sachen erkennen, das ist auch gut so und sinnvoll, aber die Erkenntnis wird nicht so wahnsinnig viel verändern. Menschen mit sehr frühen Verletzungen sind oft jene, welche jahrelang in Therapie bei einem Psychotherapeuten gehen und einfach nicht weiterkommen.
Die Behandlung, beziehungsweise das Gespräch allein als Mittel der Psychotherapie, erreicht bei Trauma nicht die richtigen Gehirnregionen und geht nicht tief genug. Als Traumatherapie ist eine körperorientierte Traumatherapie wesentlich besser geeignet.

Psychotherapien bei Trauma

Das liegt daran, dass eine Gesprächssituation in der Therapie, wo du mir als Psychotherapeutin erzählst, wie es dir geht und was geschehen ist, einfach eine sehr begrenzte Art von Kommunikation ist, die außerdem auch für Störung anfällig sein kann. Immer, wenn du über dich selbst erzählst und reflektierst, nennt man dies eine sogenannte linkshemisphärische Kommunikation. Das heißt, sie ist sehr stark von der Ratio gesteuert, vom Denken. Vielleicht sind auch mal ein paar Gefühle dabei, aber im Großen und Ganzen ist es eben linkshemisphärisch. Und diese Art von Kommunikation heilt so frühe Verletzungen leider nicht. Denn wenn wir Emotionen und alte Verletzungen erreichen und neue Erfahrungen für die Klient*in bereitstellen wollen, müssen wir rechtshemisphärisch kommunizieren. Als Menschen reagieren wir auf auf Tonfall, Stimmlage, Gesichtsausdrücke: Wie schaut mich jemand an? Ist mir jemand zugewandt? Und diese Fragen sollte man sich als Therapeut*in selbst auch stellen: Wie bin ich als Therapeut*in in meinem Körper? Wie gut sehe ich, was im Körper des Klienten vor sich geht? Was für eine Geschichte erzählt er mir? Manche Menschen erzählen eine Geschichte sprachlich und eine vollkommen andere mit ihrem Körper.
Jemand erzählt von einem Ausflug mit seinem Vater in den Wald als eines der Highlights seiner Kindheit und gleichzeitig sagt sein Körper genau das Gegenteil aus und zeigt vielleicht Angst. Dieser Körperbezug ist extrem wichtig, weil im Körper viele Erinnerungen gespeichert werden, die so nicht in einer (sprachlichen) Erzählung auftauchen. Das ist die Herausforderung für die Therapeuten: Wie gut ist man selbst in seinem Körper verankert und wie gut versteht man dann auch die Körpersprache der Klienten. Man darf also nie vernachlässigen, dass Traumata ganz anders im Körper und im Gedächtnis prozessiert werden als andere problematische Ereignisse. Hier geht es eben um unsere basalen Instinkte, um unser Überleben und unsere Sicherheit. Deshalb muss man für die Behandlung andere Wege als nur Gesprächstherapie finden.
Ich hoffe, ich kann hier deutlich machen, warum die Körperpsychotherapie und vor allem eine traumainformierte Körperpsychotherapie oder körperorientierte Traumatherapie bei Trauma höhere Chancen für eine psychische und seelische Verarbeitung bereit hält.

Körperorientierte Traumatherapie

Dein Therapeut oder deine Therapeutin hat die Möglichkeit und die Verantwortung, dir als Klient*in die bestmögliche, wirksamste Traumatherapie anzubieten. Das bedeutet auch, dass ich als Therapeutin sage, wenn ich dir nicht die Unterstützung bieten kann, die du brauchst. Wir haben hier in Kürze gelernt, dass die Methode der gesprächsbasierten Psychotherapie oft weniger für dich geeignet ist als eine körperorientierte Traumatherapie. Wie beschrieben basiert diese Erkenntnis darauf, dass Traumata anders im Gehirn gespeichert und verarbeitet werden und rein sprachlich kaum zu erreichen ist.
Selbstverständlich ist jede Methode nur so gut wie die Person, die sie ausübt. Es ist wichtig, dass du dir immer im Laufe der ersten probatorischen Sitzungen genau anschaust, ob du dich gesehen und erkannt fühlst und dein Gegenüber die klar sagen kann, wie die Integration stattfinden kann.
Leider gibt es in Deutschland bei weitem nicht genug traumatherapeutisch ausgebildetet Therapeut*innen, wie benötigt werden. Das ist ein großes und frustrierendes Problem für alle Betroffenen.

Über mich und meine Methode für die Traumatherapie und Psychotherapie

Ich bin Dami Charf, Heilpraktikerin für Psychotherapie und Gründerin der bindungs- und haltungsorientierten Körperpsychotherapie Somatische Emotionale Integration® (SEI®). Mein Team und ich bieten Gruppenpsychotherapie für Betroffene an, ebenso wie eine Traumatherapeuten-Ausbildungen und Fortbildungen (auch online) für fachlich Interessierte. Videos, wie zum Beispiel dieses zum Beitrag über die Sinnhaftigkeit einer gesprächsbasierten Psychotherapie bei Trauma mache ich, um mehr Wissen über das Thema in die Welt zu bringen. Sehr viele Menschen sind davon betroffen, wissen aber nur wenig darüber.

Informiere dich gern auf dieser Website oder meinem YouTube-Kanal über weitere Themen, passende Literatur sowie alle Bildungsangebote und Termine.

PS: Und falls Du Dir noch nicht das gratis e-book geholt hast, kannst Du das jetzt nachholen.
PPS: Vielleicht hilft dir mein Ratgeber “Wie man einen guten Psychotherapeuten findet”, du kannst ihn in meinem Shop kaufen.

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