Sich einsam zu fühlen — auch in Gesellschaft — belastet uns und kann uns sogar krank machen. Hatten wir als Kind nicht das Gefühl, dass stetig jemand liebevoll für uns da ist, so merken wir dies später daran, dass wir in Beziehungen sehr unsicher sind oder niemanden an uns heranlassen können. Wir fühlen uns schnell von anderen verlassen oder gar verraten und leiden oft unter Einsamkeit. In diesem Blogartikel erfährst du, warum wir uns verloren und einsam fühlen.
Fühlst du dich oft verloren und einsam?
Sich einsam zu fühlen trotz sozialer Kontakte ist ein belastender Zustand. Kennst auch du das Gefühl, dich alleine und verloren zu fühlen – auch wenn um dich herum Menschen sind? Hast du schon einmal erlebt, dass du das Gefühl tiefer Verlassenheit spürst, wenn deine Partnerin/dein Partner einige Tage ohne dich unterwegs ist? Fällt dir das Alleinsein hin und wieder schwer? Du spürst vielleicht, dass du diesen anderen Menschen gar nicht mehr fühlst und fragst dich, ob er oder sie „noch da ist“?
Vielleicht ist es dir inzwischen auch egal, ob da überhaupt jemand ist, weil du es aufgegeben hast, dich angenommen, verbunden und geliebt zu fühlen!? Doch was genau sind die Gründe dafür, sich einsam zu fühlen?
„Liebst du mich noch“?
Frühe Verletzungen und Entwicklungstraumata führen dazu, dass man sich oft sehr unsicher in der Verbindung zu anderen Menschen fühlt. Sehr schnell erleben wir uns als verstoßen, zurückgewiesen oder ungeliebt – selbst wenn die andere Person dies gar nicht tut. Daraus entsteht oft die Frage: „Liebst du mich noch?“ oder „Bist du noch da?“ oder „Meinst du es ernst mit mir?“
In Paarbeziehungen wird dieses Gefühl bei den meisten Menschen sehr viel schneller aktiviert als in Freundschaften oder bei Kollegen. Aber selbst in ferneren Beziehungen kann es dazu kommen, dass man sich einsam fühlt und nicht mehr weiß, was für eine Bedeutung man für die andere Person hat und man sich fragt, ob man am Arbeitsplatz geschätzt oder gemocht wird? Das Empfinden von Einsamkeit ist selbst in sozialen Situationen und in Gesellschaft die Folge.
Ich fühle mich verloren! Kann ich mich auf dich verlassen?
Am Anfang unseres Lebens lernen wir, ob Beziehungen sicher sind oder nicht. Wir lernen, wieviel wir „tun müssen“ um beachtet zu werden oder ob unsere Bezugspersonen verlässlich sind. Daraus entwickelt sich nach und nach eine Sicherheit oder Unsicherheit in Bezug auf Beziehungen. Hier werden oftmals bereits die Weichen dafür gestellt, dass man sich einsam fühlt. Die Fähigkeit, eine Beziehung auch dann noch zu fühlen und innerlich zu halten, wenn die andere Person „nicht“ anwesend ist, nennt man in der Psychologie Objektkonstanz.
Diese Objektkonstanz ist bei vielen Menschen oft sehr gering oder gar nicht ausgebildet.
Hinter jedem „Bindungstrauma“ ist immer ein „Entwicklungstrauma“ zu finden, dass sich unweigerlich auf unsere Liebesbeziehungen und Freundschaften auswirkt! Häufig liegen die Gründe dafür, weshalb man sich verloren fühlt in der frühesten Kindheit.An dieser Stelle lege ich dir meinen Blogartikel zum Thema „Wie kann man gute Freundschaften pflegen?“ ans Herz.
In der Welt auf Entdeckungsreise!
Kinder erlernen diese Fähigkeit in den ersten Lebensjahren.
Möchtest du sehen, wie sich Objektkonstanz entwickelt, dann beobachte Kinder dabei, wenn sie beginnen, ihre Umgebung krabbelnd zu entdecken und zu erforschen. Das nennt man Explorationsverhalten. Dieses Verhalten spielt eine große Rolle im Hinblick auf die Objektkonstanz und ob man sich einsam fühlt.
Wachsen Kinder einigermaßen gesund auf, sind sie total neugierig und lieben es, ihre Umgebung zu erkunden. Am Anfang ist der Radius noch klein, aber sie sind neugierig und durch ihren „Forschergeist“ erweitern sie ihren Radius stetig. Die „Expansion“ kann aber nur dann stattfinden, wenn sie sicher gebunden sind!
Bestimmt ist dir schon einmal folgendes Verhalten aufgefallen:
Kinder krabbeln ein Stück, verharren dann in einer Position und schauen sich suchend nach Mama, Papa oder einer Bezugsperson um. Sie vergewissern sich: „Ist Mama oder Papa noch da?“
Und wenn Mama lächelt, dann lächelt auch das Kind und fühlt sich verbunden und sicher. Erst dann geht es weiter und fühlt sich nicht einsam, denn: Es hat sich vergewissert, dass noch jemand da ist! Diese Sicherheit kann es anfangs noch nicht aus sich selbst heraus herstellen. Dazu braucht es ein konkretes Gegenüber. Über diese permanente Rückversicherung baut sich nach und nach die sogenannte „Objektkonstanz“ auf.
Je älter es wird, desto ausgedehnter werden dementsprechend seine Entdeckungsreisen, und dennoch wird es immer wieder zurückkommen und sich überzeugen, dass seine Bezugsperson noch da ist und es sich nicht verloren fühlt.
Verläuft dies gut und die Bezugspersonen sind erreichbar, freundlich und stehen „genügend“ konstant zur Verfügung, dann lernt das Kind mit der Zeit:
Die Bezugsperson ist da, auch wenn ich sie nicht sehe!
Das Kind schlussfolgert, dass es sich nicht einsam fühlen muss.
Übertragen wir dieses Verhalten in unser Erwachsensein, so bedeutet das, wir können getrennt sein von unserer Partnerin/unserem Partner OHNE die Verbindung zu verlieren.
Dies ist eine unglaublich wichtige Fähigkeit für uns, da sie uns hilft, uns im Alltag nicht einsam und verloren zu fühlen.
Gerade auch für Liebesbeziehungen ist es sehr wichtig, dass man fähig ist, diese Verbindung in sich spüren zu können, ohne sich ständig versichern zu müssen.
Steht uns diese Fähigkeit der „Objektkonstanz“ nicht zur Verfügung – und das ist relativ häufig der Fall – so führt das leider häufig zu einer ständigen Nachfrage und Versicherung, ob wir noch geliebt oder gemocht werden. Man beginnt — häufig grundlos — sich einsam zu fühlen. Dieses Verhalten führt beim Gegenüber fast unvermeidlich zum Rückzug. Es wird sich u. U. eine sich „selbst erfüllende Prophezeiung“ einstellen – nämlich die, dass ich mich verlassen fühle. Und das ist eine schmerzhafte Wiederholung des Alleinseins unserer Kindheit.
Die andere Variante ist, dass man überhaupt niemanden nah an sich heranlässt, weil man Menschen nicht mehr traut. Auch dieses Verhalten führt in Liebesbeziehungen oft zu Konflikten und zu einer Wiederholung der ursprünglichen Erfahrung: Man wird verlassen.
Letztlich leidet darunter auch das Gefühl von Selbstliebe und Selbstbewusstsein, weil uns Gedanken von Wertlosigkeit oder Unfähigkeit plagen. Das Ergebnis ist meist, dass man sich einsam fühlt — trotz sozialer Kontakte.
Verbundenheit und Neugier ist das Gegenteil von Trauma.
Fühlen wir uns mit uns und anderen Menschen verbunden, so fühlen wir uns vielleicht manchmal alleine, aber selten einsam.
Hatte man nicht das Glück einer sicheren Bindung als Kind, ist es sinnvoll, sich mit diesen alten Gefühlen von Verloren-Sein oder gar des sich Verstoßen-Fühlens auseinander zu setzen.
Ich möchte dir Mut machen!
Früher konnte ich es kaum aushalten, auch nur ein Wochenende alleine zu sein. Heute kann ich die Zeit mit mir alleine ohne Gesellschaft genießen, ohne mich einsam zu fühlen.
Es ist möglich Bindungssicherheit nachzulernen!
In der Fachsprache nennt man dies eine „erworbene sichere Bindung“. Mir ist es hier ein Anliegen, dass du besser verstehst, warum du fühlst, wie du fühlst. Der frühe Verlust oder Mangel von sicherer Bindung, der Verrat unserer Liebe durch Gewalt, Demütigung oder Übergriffen führt zu diesem tiefen Gefühl von Verloren-Sein, von Verstoßen-Sein und innerer Einsamkeit.
Versuche dich bitte mit Mitgefühl zu sehen, denn das kann einer deiner ersten Schritte sein, wieder Verbundenheit zu fühlen.
Bindungstrauma beeinflusst das eigene Leben nachhaltig
Erwachsene, die an einem Bindungstrauma leiden, fällt es häufig ausgesprochen schwer, Vertrauen in andere Personen zu gewinnen und eine Bindung aufzubauen. Die Gründe dafür, dass man sich verloren fühlt liegen häufig in der Kindheit. So fehlte es den Betroffenen an einer engen Bezugsperson oder sie wurden von dieser Vertrauensperson nachhaltig negativ geprägt. Dadurch fallen soziale Interaktionen, die entscheidend für die Lebensqualität eines Menschen sind, schwer und werden häufig gemieden. Ein Bindungstrauma oder auch eine Bindungsverletzung beeinflussen das Leben nachhaltig. Viele Betroffene fühlen sich verloren und allein, klagen über Depressionen. Sie kämpfen infolgedessen aber auch schnell mit körperlichen Beschwerden, wie Schlaf- oder Einschlafproblemen. Wie ein Trauma zu Schlafstörungen führt, erfährst du in meinem Blogbeitrag zum Thema „Einschlafprobleme und ihre Ursachen„.
Letztendlich wird deutlich: Bindungstraumata können uns krank machen! Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass empfundene Einsamkeit schwerwiegende negative Auswirkungen auf unser Wohlbefinden haben kann. Symptome können unter anderem sein:
- Antriebslosigkeit
- Schlafprobleme
- Nervosität
- Lustlosigkeit
- ein Gefühl der Leere
- Depressionen
“Ich fühle mich so einsam!” als Dauerzustand? Dann ist professionelle Hilfe erforderlich
Wer an einer Bindungsverletzung leidet, benötigt manchmal professionelle Hilfe, sonst läuft man Gefahr, sich immer einsam zu fühlen. Ein Zustand, der letztlich krank macht. Ich setze neben der gezielten Selbsthilfe für die Betroffenen auf Gruppenpsychotherapie. In den Gruppentherapien lernen die Betroffenen wieder Vertrauen in ihre Mitmenschen zu knüpfen. Sie fühlen sich schneller verstanden. Gleichzeitig öffnen sie sich in diesen Sitzungen oft schneller, da sie nicht das Gefühl haben, unter Druck zu stehen. Die Verarbeitung eines Bindungstraumas braucht Zeit. So müssen die Klienten erst wieder lernen, anderen in alltäglichen Situationen zu vertrauen und die damit verbundene Nähe zuzulassen.
Bist auch du betroffen und möchtest mehr erfahren— etwa zu Depressionen, Alleinsein oder wie uns empfundene Einsamkeit krank machen kann? Trage dich an der Seite mit deiner Mailadresse ein und du bekommst ganz viele kostenfreie Informationen übersendet.
Fokus auf den Körper lenken
Bei der Behandlung einer Bindungsverletzung beschränke ich mich nicht ausschließlich auf die geistige und seelische Verfassung meiner Klienten. Dass man sich einsam fühlt, kann jedoch auch körperliche Folgen haben. Besondere Aufmerksamkeit bekommt hier immer auch die Verbindung jedes Menschen mit dessen Körper. Es ist wichtig Berührungen wieder zulassen zu können. Nur so lernen sie, dass diese nicht unweigerlich mit Angst und Schmerzen verbunden sind. Schritt für Schritt gelingt es ihnen dann wieder Vertrauen aufzubauen und das Bindungstraumaund die Einsamkeit zu überwinden.
Herzliche Grüße
Dami