Wut und Trauma

Hallo! Ich bin Dami Charf, die Gründerin der Methode somatische emotionale Integration (SEI). Ich arbeite als Psychotherapeutin nach dem Heilpraktikergesetz, hauptsächlich im Bereich der körperorientierten Traumatherapie. Dafür habe ich eine Praxis und ein Seminarzentrum in Göttingen. Im Gebiet der Traumatherapie gebe ich auch Ausbildungen.

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Wut und Trauma

Für viele Menschen mit einer Traumageschichte ist Wut ein großes Thema. Dort stellen sich die Fragen, wie man mit ihr umgehen soll bzw. wie man an sie heran kommt und ob man sie überhaupt haben darf.

Fast jede und jeder, der Traumatisierungen erlitten hat, trägt Wut in sich. Das ist auch klar, denn bei einem Trauma wurde einem etwas zu viel, man hätte sich wehren wollen, konnte es aber aus irgendeinem Grund nicht. Der Körper bleibt dann in der Position stecken, wo der Impuls zurückzuschlagen oder wegzurennen überwältigt worden ist. Er merkt sich praktisch die Energie, die für die Abwehr und somit für das Überleben bereitgestellt wurde. Diese ist dann sozusagen im Körper eingefroren. Das kann man sich so vorstellen, wie wenn ein Raubtier sich an seine Beute heranpirscht und dann mitten im Sprung auf die Beute angehalten wird. Dann kann man sich vorstellen, wie viel Energie da im Körper gehalten wird.

Rage

In der körperorientierten Psychotherapie geht man davon aus, dass diese Energie die Symptome ausmacht, da der Körper so viel eingefrorene Energie im Nervensystem einfach nicht managen kann. Deshalb sitzt man sozusagen auf dieser Wut, dieser Überlebenswut, und kommt nicht davon runter. Diese Wut ist ziemlich groß und sie kann sehr beängstigend sein. Bei Menschen mit frühen Traumatisierungen, etwa durch eine schwere Geburt oder durch Ablehnung durch die Eltern, handelt es sich oft nicht bloß um Wut, sondern um Rage.

Rage ist etwas anderes als Wut

Der Unterschied ist, dass Rage schon etwas Instinkthaftes hat, etwas Zerstörerisches, da dann wirklich eine Vernichtungsenergie in sich getragen wird. Und diese Energie wird dann oft total fest gehalten, weil man Angst hat, dass dann jemand stirbt, man wie ein Atomkraftwerk hochgeht und es um einen herum Leichen gibt, wenn man sie raus lässt. Das ist also etwas ganz Anderes, als das, was Leute mit Wut meinen, die nichts mit Traumata zu tun haben. Diese Rage einfach nur zu verstehen, ist für mich enorm wichtig. Es ist völlig normal, dass sich diese gesteigerte Wut bildet, wenn z.B. ein Baby das Gefühl der Zurückweisung bekommt, das Gefühl, nicht angenommen zu werden. Und diese Wut macht sich nicht im ganzen Körper breit, sondern sie wird in einem ganz engen Kern gehalten.

Wut als Grenze

Wichtig für mein Verständnis von Wut ist, dass sie nicht zu einer Person gehört. Sie basiert in vielen Situationen auf unserer Interpretation davon und ist in den wenigsten Fällen gerechtfertigt. Wut ist eigentlich nur gerechtfertigt, wenn jemand wirklich bösartig zu uns ist. Dann kann die Wut nämlich als Grenze eingesetzt werden, um dem Gegenüber eine Linie nach dem Motto „Bis hier her und nicht weiter“ klar zu machen. Hier sehen wir also, dass Wut nicht dazu da ist, jemanden zu verletzen. Man kann also auch mit der Wut umgehen, indem man diese Energie einsetzt, um eine Grenze deutlich zu machen, und trotzdem höflich bleibt. Und das bringt mich zu dem Tipp: Wenn du so wütend bist, dass das nicht mehr klappt, dann beiß dir auf die Zunge, geh raus, trete gegen die Hauswand oder laufe eine Runde um den Block. Stell auf diese Weise sicher, dass du wieder in einem Rahmen reagieren kannst, der für die Beziehung mit der Person, um die es geht, angemessen ist.

Wut spüren und zulassen, aber…

Es geht aber nicht darum, die Wut immer zu deckeln oder sie gar nicht zu spüren. Vielmehr kann man der Wut Raum geben, indem man das Gefühl ganz bewusst versucht wahrzunehmen. Man kann dann (in einer Situation, in der man wütend ist oder sich auch nur vorstellt wütend zu sein) beobachten, wie es sich anfühlt, weiter zu atmen und sich vorzustellen, dass die Wut sich im Körper verteilen darf. Wenn sich das schlecht anfühlt, dann sollte man abbrechen, tief atmen, etwas auf der Stelle laufen und sich im Raum umsehen. Wenn es sich aber nicht so schlecht anfühlt, dann lohnt es sich wirklich mal, die Wut sich im Körper verbreiten zu lassen. Vielleicht merkt man dann, dass sie da etwas in einem öffnet und dass sich das sogar gut anfühlt.

Außerdem kannst du dir auch mal vorstellen, wie es ist, etwas kaputt zu schlagen. Bleib bei der Vorstellung fühle weiterhin deinen Körper. Auf diese Weise erreichen wir das Stammhirn, wo eben auch Trauma gelagert wird. Stell dir das Kaputtschlagen also so vor, dass du das Gefühl hast, es wirklich zu machen, ohne die entsprechenden Bewegungen wirklich auszuführen. Es kann sein, dass dein Körper anfängt zu vibrieren oder zu zittern. Lass ihn das auch tun, solange dir warm ist. Da kommt einfach die Energie in Bewegung und ein bisschen Schock kommt aus deinem Körper. Auch hier gilt wieder, dass du abbrechen solltest, wenn es sich unangenehm anfühlt.

Die kleinen Schritte zählen

Insgesamt empfiehlt es sich, bei kleinen Schritten zu bleiben und vorsichtig zu erspüren, wie die Wut kommt. Man muss keine Angst haben, dass gleich jemand stirbt, wenn man seine Wut zeigt, und auch nicht, dass man dann allein gelassen wird und somit selbst stirbt. Das sind Ängste aus dem Baby- bzw. Kleinkindesalter, wo sie normal und auch berechtigt sind. Und diese Ängste haben dann dazu geführt, dass man die Wut in sich hält. Das macht einen aber ganz eng. Deshalb sollte man sich wirklich trauen, Kontakt mit dieser Wut aufzunehmen. Das sollte ohne Bewertung gemacht werden und ohne sich mit der Wut zu identifizieren, sondern einfach um zu spüren, dass da Energie im Körper ist, und herauszufinden, wie diese sich anfühlt.

Das war’s zum Thema „Wut und Rage“. Schau auch gerne mal bei meinem Beitrag über den Umgang mit Wut vorbei. Ich wünsche dir viel Erfolg beim Ausprobieren und Umsetzen der Ideen!

Übrigens: In meinem Blog erfährst du auch, worauf du bei der Suche nach einem geeigneten Traumatherapie-Therapeuten zu achten ist.

Bis zum nächsten Mal
Dami

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