Trauma und Zucker

Warum Zuckerkonsum gerade bei traumatisierten Menschen mit hohem Stresslevel zu metabolischem Syndrom und Diabetes führen kann

Hast du jemals bemerkt, dass du in stressigen Lebensphasen besonders starken Heißhunger auf Süßigkeiten und kohlenhydratreiche Snacks hast? Vielleicht kennst du das Phänomen, dass du in emotional belasteten Situationen eher zum Schokoriegel greifst als zu Gemüse oder Proteinen. Tatsächlich ist es nicht einfach mangelnde Willenskraft, sondern unser Körper, der in Stress- und Belastungssituationen nach schnellen Energielieferanten verlangt. Doch leider kann diese scheinbar „harmlose“ Angewohnheit für Menschen mit Traumahintergrund und chronischem Stress gravierende Konsequenzen haben.

In diesem Artikel möchte ich dir gerne erklären, wie unser Stoffwechsel – unser Metabolismus – funktioniert und warum gerade Zucker für Menschen wie uns, die chronischem Stress und Trauma ausgesetzt waren (oder sind), eine besonders negative Wirkung entfalten kann. Die Zusammenhänge sind komplex, aber wenn du verstehst, wie dein Körper unter Stress reagiert und warum Zucker genau die falsche Antwort auf diese Belastung ist, kannst du beginnen, neue Wege zu gehen – Wege, die dich langfristig stabiler und gesünder machen können. An der Stelle sei für alle, die mich nicht kennen, erwähnt, dass ich keine Medizinerin bin und das Wissen, das ich hier weiter gebe aus meinen eirgenen Erfahrungen und Recherchen stammt.

junge Frau mit Messer und Gabel und aufgerissenem Mund vor einem Tisch voller Backwaren und Kuchen

Dieses Thema ist eine echte Herzensangelegenheit für mich. Im Herbst 2023 habe ich festgestellt, dass ich in einer Prädiabetes oder der sog. Insulinresistenz gelandet bin. Und dies, obwohl ich relativ gesund esse. Wie konnte mir das passieren? Dieser Frage gehe ich seitdem nach und bin absolut fasziniert – und entsetzt – was ich alles in der Zeit erfahren und gelernt habe.
Dieses Wissen über die Zusammenhänge von Stoffwechsel, unserer Psyche und vielen Gesundheitsfaktoren, wie Diabetes, Bluthochdruck, hohem Cholesterinspiegel und vielen anderen Krankheiten, von denen viele Menschen geplagt sind, hat meinen Blick auf mein Leben und meinen Körper noch einmal stark verändert.

Unser Stoffwechsel: Eine kurze Einführung

Unser Stoffwechsel (Metabolismus) umfasst alle chemischen Vorgänge, die in unserem Körper passieren, um Nahrung in Energie umzuwandeln, unsere Zellen zu erneuern und gesund zu halten. Eine der wichtigsten Substanzen in diesem Zusammenhang ist das Insulin. Insulin ist ein Hormon, das in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird und dabei hilft, Zucker (Glukose) aus dem Blut in unsere Zellen zu transportieren. Wenn du Zucker oder kohlenhydrathaltige Nahrung zu dir nimmst, steigt dein Blutzuckerspiegel. Insulin sorgt dafür, dass die Zellen diese Energie aufnehmen und nutzen können. Noch wichtiger ist allerdings, dass Insulin den Zucker aus dem Blut in die Zellen verschieben will – weil Zucker ein Toxin für den Körper ist.

Wenn du oft zuckerhaltige Nahrung oder kohlenhydratreiche Speisen isst, produzierst du auch ständig große Mengen Insulin. Auf Dauer kann das dazu führen, dass deine Zellen „abstumpfen“ – sie reagieren nicht mehr angemessen auf das Insulin. Dieser Zustand wird als Insulinresistenz bezeichnet und ist einer der Hauptgründe für Typ-2-Diabetes und das sogenannte metabolische Syndrom. Es bedeutet im Grunde, dass die Zellen so voller Zucker sind, dass sie sich weigern, weiteren Zucker aufzunehmen. Der Körper produziert dann immer mehr Insulin, um die Zelle zur Zuckeraufnahme zu zwingen. Dies ist ein Teufelskreis, der irgendwann in einer Diabetes endet – wenn er nicht unterbrochen wird.

Warum ist Zucker ein Toxin für unseren Körper?

Es ist wichtig zu verstehen, dass Zucker ein echtes Toxin für unsere Zellen ist. Im Körper entsteht viel Stress, der sog. oxidative Stress, wenn zu viel Zucker im Blut ist. Dazu musst du wissen, dass die normale Menge an Zucker, die in unserem Blut kursiert, ca. 3 bis 4 Gramm sind, etwas weniger als ein Teelöffel. Alles darüber hinaus, versetzt den Körper in hohen Stress, um den Zucker möglichst schnell wieder aus dem Blutkreislauf zu entfernen.

Dass Brot, Kartoffeln, Reis oder andere Lebensmittel, die viel Stärke enthalten, einen ebenso großen Zuckerrush im Körper erzeugen wie Industriezucker, ist uns oft nicht bewusst. Es ist dem Körper leider auch egal, ob wir Agavendicksaft, Fruchtsaft, Honig oder andere Formen von Zucker zu uns nehmen. Gerade die flüssigen Formen von Zucker, wie Fruchtsäfte sind besonders fatal und für den Körper kaum regulierbar. Auch, wenn wir Fruchtsäfte oder Obstsmoothies als gesund verkauft bekommen.

Als ich angefangen habe, einen kontinuierlichen Glukosemonitor zu tragen, war ich oftmals vollkommen überrascht und schockiert, welchen Zuckersturm vermeintlich gesunde Lebensmittel in meinem Körper auslösen. Für mich ist z.B. Reis fataler als ein Stück Kuchen. Was ich verrückt finde.
Wir lesen immer wieder, dass Kohlenhydrate wichtig für den Körper seien und unser Körper diese Energie braucht. Das ist so aber nicht richtig. Der Körper kann den Zucker, den er braucht selbst herstellen. Selbst, wenn wir keinerlei Kohlenhydrate essen, fehlt es unserem Körper nicht an Energie. Im Gegenteil.


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Mehr Informationen

Hier spreche ich mit Susanne Czerwinski über das Thema „Trauma und Zucker“.

Ein schleichender Prozess

Leider läuft die Entwicklung zur Insulinresistenz schleichend im Hintergrund ab, ohne dass du es direkt mitbekommen würdest. Beim jährlichen Gesundheitscheck wird meist nur der Nüchternzucker und vielleicht noch der Langzeitzucker (HbA1C) gemessen. Leider verschlechtern sich diese Werte erst als allerletztes im Körper. Du siehst damit sozusagen erst, wenn es schon fast zu spät ist, dass du auf eine Diabetes zusteuerst, bzw. sie dann schon hast.

Für die meisten Allgemeinärzte ist zudem ein Nüchternzucker von 100 noch akzeptabel. Für Mediziner der ‚Funktionellen Medizin‘ sollte dieser Wert eher bei 85 liegen. Bei einem Nüchternzucker ab 100 spricht man da bereits von einer Insulinresistenz, ab 130 von einer Diabetes.


Möchtest du wirklich Auskunft darüber, wie dein Gesundheitszustand in Bezug auf Zucker und Insulinresistenz ist, solltest du die folgenden Werte messen lassen. Du musst normalerweise leider darum bitten oder sogar darauf bestehen und vielleicht sogar selbst zahlen. Diese Investition lohnt sich allerdings sehr für dich, du kannst Jahre vor einer manifesten Insulinresistenz bereits sehen, dass dein Körper die Menge an Kohlenhydraten nicht mehr gut bewältigt und viel zu viel Insulin braucht, um das Gleichgewicht zu halten.

Diese Werte solltest du kontrollieren:

  • HOMA-IR-Wert (nüchtern, mindestens 12 Stunden) – dieser Wert sollte mindestens unter 2,5 liegen, besser noch unter 1,5)
  • Basal-Insulin (nüchtern, mindestens 12 Stunden) – dieser Wert sollte unter 10, noch besser unter 8 liegen

Der HOMA-IR-Wert sagt aus, wie viel Insulin dein Körper inzwischen braucht, um deinen Blutzucker einigermaßen normal zu halten.
Der Basal-Insulin-Wert sagt aus, wie viel Insulin in deinem Körper unterwegs ist, obwohl du nüchtern bist.

Die Folgen eines erhöhten Insulinspiegels können vielfältig sein:

  • Erhöhte Fettspeicherung, insbesondere im Bauchraum (viszerales Fett)
  • Chronische Entzündungen im Körper
  • Erhöhte Blutfettwerte (Triglyceride) und Cholesterinprobleme
  • Bluthochdruck und schließlich das sogenannte metabolische Syndrom
  • Nichtalkoholische Fettleber
  • Chronische Erschöpfung

Das metabolische Syndrom ist gefährlich, denn es steigert das Risiko, an Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erkranken, massiv.

All diese Symptome sind häufig durch eine Ernährungsumstellung zu revidieren. Das gibt Hoffnung, da diese Diagnosen oft viel Ohnmacht erzeugen und vermittelt wird, dass man – außer ein Leben lang Medikamente zu nehmen – nicht viel tun kann.

Als mir auf Grund meiner Insulinresistenz Metformin angeboten wurde, eines der gängigen Mittel zur Senkung von Blutzucker, habe ich die Ärztin gefragt, ob das eine Affäre mit dem Medikament ist oder eine Heirat? Sie sagte, es sei eine Heirat.
Damit war für mich klar, dass ich erst alles daran setzen würde, auf anderem Wege meine Werte wieder zu senken.

Leider bist du, gerade wenn du durch traumatische Erfahrungen ein chronisch erhöhtes Stresslevel hast, besonders anfällig für diese Problematiken. Warum das so ist, schauen wir uns jetzt an.

Warum Zucker bei Trauma besonders problematisch ist

Frau sitzt in angestrengter Haltung vor dem Sofa

Wenn du traumatische Erlebnisse hattest, ist dein Nervensystem oft permanent alarmiert. Du befindest dich in einem Zustand, den dein Körper eigentlich nur kurzfristig für wirkliche Gefahrensituationen vorgesehen hat. Deine Stressachse – genauer gesagt die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HHN-Achse) – arbeitet auf Hochtouren und produziert ständig Stresshormone, insbesondere Cortisol.

Cortisol ist eigentlich sehr hilfreich: Es sorgt dafür, dass dein Körper in stressigen Momenten genug Energie zur Verfügung hat. Dafür erhöht es den Blutzuckerspiegel, um schnell Energie für Kampf oder Flucht bereitzustellen.

Und damit hast du bereits einen Hinweis, warum Menschen mit hohem Stressniveau anfälliger sind für Insulinresistenz und letztlich Diabetes.

Die Verbindung von Zucker und Stress ist fatal

Cortisol ist ein Gegenspieler von Insulin. Bei einer Kampf- oder Fluchtreaktion möchte der Körper, dass Energie im Körper zur Verfügung steht und nicht sofort durch Insulin wieder in die Zellen verschwindet. Aus diesem Grund kann Insulin in der Anwesenheit von Cortisol nicht gut arbeiten. Daher haben viele Menschen morgens einen erhöhten Blutzuckerspiegel (der sog. Dawn-Effekt), da morgens natürlichweise mehr Cortisol ausgeschüttet wird, damit wir wach werden und Energie für den Tag haben.

Das Problem entsteht, wenn du dauerhaft unter Stress stehst, wie es bei traumatisierten Menschen häufig der Fall ist. Dein Körper wird dann in einer Art Daueralarm gehalten. Diese dauerhafte Überflutung mit Cortisol – und anderen Stresshormonen – führt dazu, dass dein Blutzucker ständig erhöht ist und dein Körper entsprechend auch ständig Insulin produziert, um diesen zu hohen Zuckerspiegel zu regulieren.

Cortisol gehört zu den Hormonen und wird in der Nebennierenrinde hergestellt. Schüttet der Körper zu viel Cortisol aus, kann dies zu einer Nebennierenerschöpfung führen. Die Symptomatik von Nebennierenerschöpfung sind Erschöpfungszustände und ein ständiges Gefühl von Überforderung.

Studien haben gezeigt, dass Menschen, die traumatische Erfahrungen in der Kindheit erlebt haben, einem deutlich höheren Risiko unterliegen, später im Leben ein metabolisches Syndrom zu entwickeln. Besonders betroffen sind diejenigen, deren Stressbelastung weiterhin hoch bleibt. (NAKO-Studie und ACE-Studie)

Die fatale Verbindung zwischen Zucker und Stress entsteht also dadurch, dass dein Körper eigentlich gut gemeinte Überlebensmechanismen in einem Dauerzustand aufrechterhält. Dies führt langfristig zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen.

Die Wirkung von Zucker auf dein Gehirn

Zucker beeinflusst nicht nur deinen Stoffwechsel und deine körperliche Gesundheit, sondern hat auch direkte Auswirkungen auf dein Gehirn und deine psychische Verfassung. Gerade wenn du traumatische Erfahrungen gemacht hast und dein Nervensystem ohnehin stark belastet ist, können diese Effekte besonders problematisch sein.

Unser Gehirn ist ein hochsensibles Organ und extrem energieabhängig – obwohl es nur etwa zwei Prozent unseres Körpergewichts ausmacht, verbraucht es rund 20 Prozent unserer Energie. Diese Energie bezieht es bevorzugt aus Glukose, also Zucker. Doch das bedeutet nicht, dass viel Zucker automatisch gut für das Gehirn ist – im Gegenteil.

Wenn du eine zuckerreiche Mahlzeit isst, steigt dein Blutzuckerspiegel rasch an, was kurzfristig zu einer erhöhten Dopaminausschüttung führt – du fühlst dich wacher, vielleicht sogar euphorisch. Das kurzfristige Hoch wird jedoch schnell von einem rapiden Abfall des Blutzuckerspiegels abgelöst. Diese „Achterbahnfahrt“ wirkt sich negativ auf dein Gehirn aus: Du wirst müde, gereizt, ängstlich oder emotional instabil. Gerade Menschen mit Trauma sind besonders sensibel für solche Schwankungen, weil ihr Nervensystem bereits unter Dauerstress steht.

Darüber hinaus fördert ein dauerhaft hoher Blutzuckerspiegel sogenannte neuroinflammatorische Prozesse – also Entzündungen im Gehirn. Diese entstehen durch oxidative Prozesse, bei denen freie Radikale Nervenzellen schädigen können. Chronische Entzündungen im Gehirn stehen in engem Zusammenhang mit Depressionen, Angstzuständen, Reizbarkeit, kognitiven Störungen und sogar einem erhöhten Risiko für neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer.

Zucker beeinflusst auch die Balance der Neurotransmitter, also der chemischen Botenstoffe im Gehirn. Dopamin, Serotonin, GABA und Glutamat sind zentrale Substanzen, die deine Stimmung, deine Motivation, dein Schlafverhalten und dein Stresslevel regulieren. Wenn du regelmäßig viel Zucker konsumierst, gerät dieses feine Gleichgewicht aus der Balance. Besonders kritisch ist dabei, dass der Dopaminspiegel durch häufige Zuckerzufuhr langfristig abnimmt – du brauchst immer mehr, um dieselbe Wirkung zu spüren. Das ist ein Mechanismus, der der Suchtentwicklung ähnelt.
Wenn du zu Zucker, Mehl, stärkehaltigen Produkten oder zu industriell verarbeiteten Lebensmitteln greifst, in denen meist ebenso viel Zucker ist, schüttet dein Gehirn in Erwartung auf den Genuss Dopamin aus. Deswegen ist es oft so schwer, dem zu widerstehen. Dieser Mechanismus funktioniert bei Schokolade, aber auch bei Pommes und Chips.

Zusätzlich kann Zucker über den Insulinweg indirekt den Gehirnstoffwechsel stören: Zu viel Insulin im Blut beeinträchtigt die Aufnahme von wichtigen Nährstoffen wie Magnesium, die für die gesunde Funktion deiner Nervenzellen essenziell sind.

Gerade bei Menschen, deren Nervensystem durch frühere Traumata bereits überlastet ist, wirken all diese Prozesse wie ein Verstärker für emotionale Instabilität, Erschöpfung, innere Unruhe oder depressive Verstimmungen.

Abnehmen bei hohem Insulinspiegel: Der nicht ganz so lustige Fun Fact

Vielleicht hast du schon einmal versucht abzunehmen und hast irgendwann frustriert wieder aufgegeben oder sogar Bekanntschaft mit dem Jo-Jo-Effekt gemacht und danach mehr gewogen als vorher.

Die Formel, die wir immer wieder hören: Mehr bewegen, weniger essen! Leider stimmt dies nicht für alle Menschen.

Eine Person, von der nur der Rumpf fotografiert ist, misst mit dem Zentimetermaß ihren Bauchumfang

Wir hören von Menschen, die abnehmen wollen und sagen, dass sie kaum etwas essen, aber kein Gramm verlieren und wir denken: Ja, ja, irgendwo wirst du die Kalorien schon zu dir nehmen.

Leider ist es tatsächlich so, dass du nur 800 Kalorien zu dir nehmen kannst und dennoch zunimmst. Verrückt, oder?
Dies liegt wiederum an deinem Insulinspiegel.


So lange dein Insulinspiegel hoch ist, nimmst du nicht ab.
Punkt.

Wir haben ja schon festgestellt, dass der Insulinspiegel im Hintergrund erhöht sein kann, ohne dass wir das merken. Das ist bei Menschen, die einfach nicht abnehmen, immer der Fall.
Unsere Zellen geben kein Fett ab und greifen nicht auf diese Energiereserven zu, so lange der Insulinspiegel erhöht ist. Das bedeutet, dass man tausende Kalorien am Körper tragen kann und einfach nicht an diese rankommt, weil der zu hohe Insulinspiegel dies verhindert. Erst dann, wenn der Insulinspiegel niedrig ist, öffnen sich die Zellen und fangen an, das gespeicherte Fett zu verwenden.

Das bedeutet, dass eine Diät, die zwar kalorienreduziert ist – und man sie deshalb kaum lange durchhalten kann – aber z.B. Kohlenhydrate enthält, nicht zum Erfolg führt, weil der Insulinspiegel weiter hochgehalten wird.
Der Insulinspiegel muss soweit sinken, dass dein Körper von Zuckerverbrennung auf Fettverbrennung wechselt. Diesen Zustand nennt man Ketose und du kannst ihn zunächst einfach mit Urinstäbchen, die die Fettanteile im Urin messen, feststellen. Diese Umstellung kann bis zu 14 Tagen dauern, wenn dein Körper einen zu hohen Insulinspiegel hat. Du findest mehr Informationen dazu, wenn du ketogene Ernährung googelst.

Du kannst dich tatsächlich satt essen und dabei abnehmen, wenn der Insulinspiegel nur niedrig bleibt.

In meinem eigenen Experiment mit ketogener Ernährung bin ich vollkommen fasziniert davon, dass meine Tiefschlafphase sich innerhalb weniger Tage vervielfacht hat. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich tracke seit Jahren meine Schlafwerte und hatte meist nur eine Tiefschlafphase von 15 Minuten. Zwei Tage nach Beginn der ketogenen Ernährung hat sich dieser Wert auf 50 Minuten und mehr erhöht.

Fazit: Trauma, Stress und Zucker sind eine verhängnisvolle Kombination

Wenn Trauma, chronischer Stress und hoher Zuckerkonsum zusammenkommen, entsteht also ein biologisch hochproblematischer Kreislauf. Diese drei Faktoren beeinflussen sich gegenseitig auf eine Weise, die dein körperliches und seelisches Gleichgewicht tiefgreifend stören kann – vor allem, wenn du über einen längeren Zeitraum davon betroffen bist.

Gleichzeitig können chronischer Stress und andere Ernährungs- und Umweltfaktoren die Funktion deiner Mitochondrien beeinträchtigen – das sind die Kraftwerke deiner Zellen. Wenn diese weniger effizient arbeiten, fühlst du dich oft müde, antriebslos oder erschöpft – was wiederum die Lust auf schnelle Energie (sprich: Zucker) verstärken kann. (Möchtest du diese Inhalte vertiefen, empfehle ich dir meinen Artikel über Depression, in dem ich genauer auf die Bedeutung unserer Mitochondrien eingehe).

Chronische Entzündungen und ein instabiler Blutzuckerspiegel können depressive Symptome, Ängste, Schlafstörungen und kognitive Probleme wie Konzentrationsstörungen oder Gedächtnislücken verschärfen.

Je weniger gut unsere Mitochondrien arbeiten, desto weniger Energie haben wir und desto anfälliger sind wir für psychische Störungen. Einige Wissenschaftler gehen inzwischen so weit, dass sie die meisten psychischen Störungen als metabolische Störungen bezeichnen.

Was bedeutet das für traumatisierte Menschen im Alltag?

Die Erkenntnisse aus den vorangegangenen Teilen machen deutlich: Zucker wirkt auf ein belastetes Nervensystem wie ein Brandbeschleuniger. Wenn du mit den Folgen von Trauma und chronischem Stress lebst, ist dein Körper in vielerlei Hinsicht sensibler – vor allem, was Schwankungen im Blutzuckerspiegel, Entzündungsprozesse und die Regulation von Stimmung und Energie betrifft.

Doch was bedeutet das nun konkret für dich im Alltag?

Hier sind einige Impulse für dich:

1. Den eigenen Körper ernst nehmen

Wenn du feststellst, dass du oft müde, gereizt, überfordert oder antriebslos bist – dann sind das keine Charaktereigenschaften, sondern häufig Hinweise auf ein überlastetes System. Dein Körper sendet dir Signale. Zucker kann diese Zustände kurzfristig überdecken, langfristig aber verschärft er sie. Nimm deine Symptome ernst und verstehe sie als Einladung, mit dir selbst und deiner Ernährung zu experimentieren. Ein Experiment sollte immer ca. 4 Wochen dauern, damit du sehen kannst, ob sich etwas für dich verändert.

2. Stabilität durch Ernährung

Gerade für traumatisierte Menschen ist es hilfreich, den Tag mit stabilisierenden Mahlzeiten zu strukturieren. Das bedeutet: möglichst keinen Zucker, keine stark verarbeiteten Kohlenhydrate, dafür ausreichend Eiweiß, gesunde Fette und ballaststoffreiche Gemüse. Diese Kombination hält deinen Blutzucker stabil – und damit auch deine Stimmung. Du kannst auch, wenn du experimentierfreudig bist, mal eine zeitlang eine ketogene Ernährung ausprobieren.

3. Kleine Schritte statt radikaler Umstellungen

Du musst nicht von heute auf morgen auf alles verzichten. Schon kleine Veränderungen wie ein zuckerfreies Frühstück (das ist eine der wichtigsten Dinge, die du für dich tun kannst! Keine Kohlenhydrate zum Frühstück), eine eiweißreichere Hauptmahlzeit oder das Weglassen süßer Getränke machen einen spürbaren Unterschied. Je weniger dein Blutzuckerspiegel Achterbahn fährt, desto ruhiger wird auch dein Nervensystem. Wenn du etwas Süßes oder Chips essen möchtest, dann versuche es nach einer proteinreichen Mahlzeit zu tun. Das dämpft den Zuckereffekt.

4. Glukosemonitor

Wenn es dir finanziell möglich ist, dann besorge dir einen Glukosemonitor. Du befestigst diesen an deinem Oberarm und bekommst die Daten in Echtzeit auf dein Handy. Der Monitor hält 14 Tage und du bekommst in dieser Zeit echte Einsichten darüber, was in deinem Körper los ist und auf was du wie reagierst.

Kleiner Exkurs: Wie eine ketogene Ernährung deine psychische Gesundheit unterstützen kann

Eine ketogene Ernährung zeichnet sich durch sehr niedrige Kohlenhydrat-, moderate Protein- und hohe Fettzufuhr aus. Diese Ernährungsform sorgt dafür, dass dein Körper in den Zustand der „Ketose“ gelangt und primär Fett statt Zucker als Energiequelle nutzt.

Eine zeitweise Umstellung kann sich nicht nur auf deinen Stoffwechsel positiv auswirken, sondern kann gerade bei traumatisierten Menschen auch deutliche Vorteile für die psychische Gesundheit haben:

  • Stabilisierung der Stimmung: Durch stabilere Blutzuckerwerte verringern sich Stimmungsschwankungen, Ängste und Symptome von Depression. Der Verzicht auf Zucker minimiert die Schwankungen von Neurotransmittern wie Dopamin und Serotonin, wodurch deine emotionale Balance verbessert werden kann.
  • Verringerung neuroinflammatorischer Prozesse: Ketogene Ernährung wirkt antiinflammatorisch und reduziert chronische Entzündungen im Gehirn, die oft mit depressiven Verstimmungen, Angststörungen und mentaler Erschöpfung assoziiert sind. Dadurch unterstützt sie den Heilungsprozess von Gehirnarealen, die durch Trauma und chronischen Stress belastet wurden.
  • Verbesserte Hirnenergieversorgung und kognitive Klarheit: Ketone, die der Körper bei ketogener Ernährung bildet, versorgen das Gehirn konstant mit Energie und wirken neuroprotektiv. Dies verbessert nicht nur die Konzentrationsfähigkeit, sondern lindert auch Symptome von „Brain Fog“ und mentaler Müdigkeit, was bei Menschen mit chronischem Stress und Traumafolgen besonders hilfreich ist.
  • Positive Effekte bei Angst und Depression: Studien weisen darauf hin, dass die ketogene Ernährung positive therapeutische Effekte bei Angstzuständen, Depression und sogar PTSD (Posttraumatische Belastungsstörung) haben kann, da sie die Neurotransmitterbalance verbessert und die Hirnchemie stabilisiert.

Ich persönlich mache das gerade und bin fasziniert davon:

  • Mein Schlaf ist besser geworden.
  • Ich muss weniger schlafen.
  • Ich habe kaum noch Heißhunger auf Süßes, was für mich kaum vorstellbar war.
  • Ich habe mehr Energie und bin klarer im Kopf.
  • Ich denke kaum noch an Essen und bin praktisch immer satt.

Deine Ernährung ist der Faktor, mit dem du das Meiste erreichen kannst. Viele Menschen berichten, dass durch eine Ernährungsumstellung Schmerzzustände oder andere chronische Leiden verschwinden.

Bücher zum Thema:

Gary Taubes, „The Case for Keto: Rethinking Weight Control and the Science and Practice of Low-Carb/High-Fat Eating“

Dr. Benjamin Bikman, „Warum wir krank werden: Insulinresistenz als wahre Ursache für chronische Krankheiten wie Diabetes, Alzheimer oder Krebs – und wie wir sie bekämpfen können.“ Bikman hat auch einen umfangreichen YouTube Kanal

Dr. Georgia Ede, „Change Your Diet, Change Your Mind: A powerful plan to improve mood, overcome anxiety and protect memory for a lifetime of optimal mental health“

Casey Means MD, „Good Energy“

Dr. Daniel Amen, „Happy Brain – Happy You: Wie Glück das Gehirn gesund hält und den Körper vor Krankheiten schützt.“

Christopher M. Palmer, „Brain Energy“

Edward Bullmore, Sean Patrick Hopkins et al., „The inflamed mind“

Annette Bosworth MD, „Ketocontinuum: Consistently Keto Diet for Life“

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