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Trauma und Grenzen setzen

von | 11.07.2017 | 4 Kommentare

In diesem Beitrag soll es um Grenzen gehen. Ich erkläre dir, was bei einer traumatischen Erfahrung mit deinen persönlichen Grenzen passiert, dass auch die Verletzung von Grenzen durchaus traumatisch sein kann und wie wichtig es ist, das Grenzen setzen wieder zu lernen, um die Arbeit mit deinem Trauma beginnen zu können.

Grenzen ziehen: Welche Grenzen sind gemeint?

Zum einen sind Grenzen der ganz persönliche, unsichtbare Raum, der uns umgibt. Wo du deine Grenze gesetzt hast, merkst du spätestens, wenn jemand sie verletzt und in diesen persönlichen Raum tritt. Dann wird es dir schnell zu nah und zu viel, vermutlich bewegst du dich rückwärts, um deine Grenze wiederherzustellen. Wie weit du diesen Raum um dich selbst ziehst, ist situationsbedingt. Je nach dem Kontext, in dem du dich bewegst, kann der Raum, den du um dich brauchst, sehr weit werden oder du kannst mehr Nähe zulassen.

Übrigens: Auch eine Wohnung oder ein Auto kann zu einem erweiterten persönlichen Raum werden. Die Verletzung dieses Raumes, etwa durch einen Einbruch, kann hochtraumatisch werden, weil jemand Fremdes in diesen sehr intimen Raum eingedrungen ist und die gefühlt sicheren Grenzen verletzt hat.

Zum anderen gibt es aber auch Grenzen im Handeln, die von Personen überschritten werden können. Hier geht es z.B. um Grenzen des Anstands oder der Moral.

In beiden Fällen ist die Überschreitung dieser Grenzen unangenehm, vielleicht sogar auch bedrohlich oder gefährlich.

Bei einer Traumatisierung werden meist alle Grenzen gesprengt

Eine Traumatisierung bedeutet immer, dass die geistigen, emotionalen und/oder körperlichen Grenzen eines Menschen massiv überschritten werden. Dies kann z.B. durch einen Autounfall, eine Operation, Demütigung, Vernachlässigung oder Gewalt in jeder Form geschehen.

Werden Grenzen zu massiv überschritten, flüchten wir in die Dissoziation

Wenn wir von einer Situation überwältigt werden und diese nicht mehr aushalten, fliehen wir sozusagen aus unserem Körper, um unsere psychische Integrität wahren zu können. Dieses Fliehen nennt sich Dissoziation und bedeutet, dass wir die Situation dann wie von außen, quasi als Zuschauer erleben. Leider führt dies dazu, dass der eigene Körper hinterher nicht mehr als Zuhause, sondern als vermeintlicher Sitz des Grauens empfunden wird. Darin liegen eine tiefe Dramatik und Grausamkeit, denn wir brauchen unseren Körper mit seinen Grenzen, um uns selbst zu spüren und um unseren Platz in dieser Welt zu finden und halten zu können. Der Verlust des eigenen Körpers und der damit verbundenen Sicherheit, führt zu Einsamkeit und Angst. Es ist ungeheuer wichtig, wieder die eigenen Grenzen setzen, spüren und verteidigen zu lernen, denn nur dann können wir unseren Körper wieder als ein Zuhause empfinden, in das wir einziehen wollen.

In meinem Blog findest du auch weitere Informationen zum Thema Trauma und Dissoziation.

Lesetipp: An dieser Stelle empfehle ich dir meinen Blogartikel zum Thema „sich einsam fühlen“.

Wieder lernen, Grenzen zu setzen

Vor allem für Frauen, die sexuelle Übergriffe erlebt haben, kann es sehr hilfreich sein, an einem Selbstverteidigungskurs (z.B. WenDo) teilzunehmen, um auch die Instinktebene im Kopf davon zu überzeugen, dass ich heute meine Grenzen verteidigen kann. Ich muss instinktiv begreifen, dass ich selbst Grenzen gesetzt habe, die einen Raum schaffen, der nur “auf Einladung” betreten werden darf und für dessen Einhaltung ist auch einstehen werde.

Dies ist der erste Schritt auf dem Weg zur Integration deiner traumatischen Erfahrung. Du musst um deinen Körper Grenzen ziehen, die dir ein Gefühl von Sicherheit geben. Der Körper ist dein Haus und du brauchst seine Sicherheit, um darin heilen zu können. Ohne sichere Grenzen hast du aber ein Haus, dessen Türen und Fenster immer offen sind – jeder kann dort nach Belieben herein- und heraus spazieren, weil du dein Grundstück nicht beschützen kannst. In ein solches Haus würdest du wohl auch nicht einziehen. – Leider wird die Bedeutung des Körpers noch immer in vielen Therapien komplett unterschätzt.

Wir brauchen unseren Körper

Wir sind unser Körper, denn ohne ihn könnten wir nicht überleben und auch keine Emotionen empfinden oder ausdrücken. Ohne Körper kann keine Integration bzw. Heilung stattfinden. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg ist wirklich, den eigenen Körper wieder verteidigen zu können, diesen Raum um sich herum klar halten zu können, Menschen sagen zu können: “Bis dahin und nicht weiter!“ oder „Das will ich nicht!“. Es ist wichtig, Grenzen setzen zu können, klar und deutlich, aber ohne dabei mein Gegenüber verbal oder physisch anzugreifen.

Wie das geht, kannst du z.B. auch in meinem Online-Kurs “Mit Trauma leben” lernen. Hier gibt es gerade zum Thema “Grenzen setzen und Verteidigen” viele Übungen, die dir dabei helfen.

Ich freue mich über Dein Interesse und hoffe, Du konntest wieder etwas mitnehmen.

Herzliche Grüße
Dami

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4 Kommentare

  1. Vielen Dank für Deinen Text Trauma und Grenzen.
    Ich habe bisher sehr wenig darüber gefunden, welche Auswirkungen es haben kann, wenn man gelernt hat, dass die eigenen Grenzen nicht gelten.
    Du hast mir weitergeholfen.
    Danke.

    Antworten
  2. Ich möchte gerne mehr darüber erfahren. Info hat mir gefallen.

    Antworten
  3. Hallo Wie setzte ich den Grenzen um mein Körper. Ich habe das Gefühl, das dieses Feld gestört ist bei mir. Alles kommt so nah und mein Körper so groß. Meine Träume sind in ständiger in Dritter Person von Außen. Mal hab ich da bin ich wieder normal sonst so

    Antworten
    • Hallo, das kann man wieder lernen. In meinem Kurs Mit Trauma leben, gibt es dazu ein ganzes Modul oder mit einem Therapeuten, der so arbeitet oder du versuchst dir deines Raums immer bewusster zu werden durch Übungen, die du dir zusammensuchst. Sonst kann ich dazu aus der Ferne nichts sagen, da ich dich nicht kenne.

      Antworten

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